Anatomisches Theater@Anatomisches Theater@(BE)@freigabe
CC by-nc-nd Marion Mücke CC by-nc-nd Thomas Schnalke
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Zum Begriff des Anatomischen Theaters
Bei einem Theater handelt es sich, folgt man dem Zedlerschen Universal-Lexikon von 1745,1 um einen "erhabenen Ort, auf welchem von darzubestellten Personen allerhand Trauer- Freuden- und Singe-Spiele und andere zur öffentlichen Schau gehörige Dinge aufgeführet oder aufgestellet werden". Das Wort "Theater" leite sich von dem griechischen Wort für "video, ich sehe" ab, und zeige "also überhaupt einen Ort an, auf welchem etwas zu sehen ist". Des Weiteren finden sich bei Zedler mindestens 14 zu unterscheidende Verwendungen des Begriffs "Theater". Unter einem "Anatomischen Theater", so die typisierende Charakterisierung, verstehe man "ein öffentliches Gebäude, welches dazu aufgebauet und also eingerichtet ist, daß nicht nur die Anatomie in solchem öffentlich gelehret, sondern auch Demonstrationen an todten Cörpern vorgenommen und Praeparata aufbehalten werden können".2 Zentrale Implikationen des Begriffs in seiner allgemeinen wie auch medizinisch zugespitzten Fassung sind somit das "Zeigen" ebenso wie das "Sehen", das "Lehren" wie das "Lernen", in der ursprünglichen Wortbedeutung vor allem aber auch das Moment des "Öffentlichen." Die Vielzahl der seit dem 16. Jahrhundert gegründeten anatomischen Theater lässt jedoch fragen, ob der bei Zedler allgemein definierte Typus "des" Anatomischen Theaters nicht auch verschiedene Möglichkeiten zur konkreten Nutzung anatomischer Theater bot. Der vorliegende Beitrag geht zunächst der Frage nach, aus welchen Erfordernissen anatomische Theater entstanden, und wie sie seit der Renaissance anfänglich als temporär erbaute Einrichtungen erprobt und in der zweiten Hälfte des 16. Jahrhunderts dann zu ständigen Bauten weiterentwickelt wurden. Dargestellt werden ihre spezifische Architektur sowie die klassischen Formen der Unterrichtsgestaltung, die sich an den anatomischen Theatern etabliert hatten und über einen langen Zeitraum hinweg gültig waren. Gleichwohl, und dies ist die Leitidee des Beitrages, konnten im Rahmen der Umsetzung dieser Formate durchaus unterschiedliche Ziele verfolgt werden. Es sollen daher über das Geschehen im Innenraum der anatomischen Theater hinaus verschiedene institutionelle Zusammenhänge aufgezeigt werden, in die anatomische Theater eingeordnet werden können, um die jeweiligen Funktionen zu bestimmen, die sie bis zum ausgehenden 18. Jahrhundert innehatten.
Vorgeschichte: Lehranatomien im späten Mittelalter
Die Geschichte der anatomischen Theater ist eng verbunden mit der allgemeinen Entwicklung der Anatomie sowie der besonderen Geschichte der Lehranatomien, die im Rahmen des medizinischen Unterrichts durchgeführt wurden.3 Dieser hatte im abendländischen Kulturraum seit dem hohen Mittelalter seinen Anker an den Universitäten gefunden und wurde zunächst als eine reine "Buchwissenschaft" unterrichtet. Als Grundlage für die Lehre dienten die Schriften antiker Autoren, die, vermittelt über den arabischen Kulturraum, seit dem 12. Jahrhundert in lateinischer Übersetzung in den medizinisch-chirurgischen Unterricht in Südeuropa aufgenommen worden waren.4 Die in der medizinhistorischen Forschung lange diskutierte Vermutung, dass die bereits in der Antike praktizierte Sektion menschlicher Leichen5 von Seiten der römisch-katholischen Kirche während des Mittelalters verboten gewesen sei, fand keine Bestätigung.6 Skeptische Äußerungen des Kirchenvaters Augustinus (354–430), dass die Sektion ein "inhumanes Herumwühlen im humanen Fleisch" ("in carnibus humanis satis inhumane") sei und nicht dazu beitragen könne, den menschlichen Körper in seiner (von Gott gegebenen) Harmonie zu ergründen,7 gingen gleichwohl wirksam in die zeitgenössische Literatur ein und mochten zu einer Zurückhaltung hinsichtlich einer praktisch geübten Anatomie beigetragen haben.
Die frühesten akademischen Lehrsektionen sind an den norditalienischen Fakultäten nachweisbar.8 Einiges deutet darauf hin, dass bereits Taddeo Alderotti (gest. um 1300) als Professor der Medizin und Philosophie an der Universität zu Bologna Gelegenheit hatte, Öffnungen menschlicher Leichname beizuwohnen und in den medizinischen Unterricht zu integrieren.9 Es war ein Schüler Alderottis, der 1316 die ersten nachgewiesenen Lehrsektionen an der Universität zu Bologna durchführte: Mundino dei Liuzzi (1270–1326), Professor der Medizin und Chirurgie sowie Autor eines Sektionsleitfadens.10 Mundinos Interesse galt jedoch nicht der genauen Beschreibung der Leiche in ihrem äußeren Erscheinungsbild und inneren Aufbau aufgrund eigener Anschauung und Untersuchung. Vielmehr bediente er sich des geöffneten Leichnams vorrangig zur Demonstration des gleichzeitig vorgetragenen anatomischen Textes. In diesem Sinne war die Lehrsektion als ein Hilfsmittel zum besseren Verständnis der autoritativen Schrift gedacht, die ihrerseits durch die Demonstration am Leichnam wiederum eine Bestätigung erfuhr. Verschiedene Hinweise auch von Mundino selbst lassen darauf schließen, dass die Lehrsektion zu Beginn des 14. Jahrhunderts bereits auf breiterer Basis in Bologna eingeführt und akzeptiert war und einem regelhaften Ablauf folgte.11 Im Laufe des 14. und 15. Jahrhunderts setzten sich Sektionen nach der Art des Mundino an den medizinischen Fakultäten anderer Universitäten sowie an den ärztlichen und chirurgischen Collegien in verschiedenen Städten durch.12
Die Anathomia des Mundino sollte in den nächsten 200 Jahren als ein Grundlagenwerk den anatomischen Unterricht an den europäischen Universitäten prägen. Dem ersten 1478 in Pavia erschienenen Druck folgten zahlreiche weitere Auflagen und Ausgaben. Verschiedenen dieser Drucke waren Illustrationen des anatomischen Unterrichts beigefügt, die heute als ikonisch für die Lehrsituation am Ende des 15. Jahrhunderts gelten. Sie zeigen die Rolle des Anatomielehrers im Unterricht und thematisieren das Verhältnis des freien Vortrags – bisweilen aber auch der nach einer Buchvorlage gehaltenen Vorlesung – zur anatomischen Demonstration. Eine solche Illustration findet sich in der 1493 in Venedig erschienenen und von Sebastian Manilio ins Italienische übersetzten Ausgabe des Johannis de Ketham (ca. 1420–1468/70) zugeschriebenen Fasciculus Medicinae.13 Die in der Darstellung abgebildete Anordnung der Personen folgte einer klaren Rollen- und Aufgabenverteilung zwischen einem erhöht sitzenden Vortragenden (Lector), einem Sezierenden (Sector) sowie einem Zeigenden und Erklärenden (Demonstrator oder Ostensor). Diese Grundkonstellation findet sich seit dem 15. und 16. Jahrhundert auch in den Statuten der medizinischen Fakultäten wie auch medizinischer und chirurgischer Collegien, die unter anderem den Ablauf der jährlich durchzuführenden Anatomia publica regelten.14 Öffentliche Lehranatomien am menschlichen Leichnam zeichneten sich dadurch aus, dass sie zwar allgemein, wenngleich nicht jedem, zugänglich waren, vor allem aber im Sinne einer öffentlichen Angelegenheit (res publica) von Seiten der Obrigkeit reguliert wurden.15 Die Statuten, die im 15. und 16. Jahrhundert etwa für die Medizinische Fakultät zu Padua oder für das Collegium Medicorum Almae Urbis zu Rom aufgesetzt wurden, gaben dem Ablauf der Veranstaltungen einen festen Verfahrensrahmen, der die Grenzen des zulässigen Handelns eindeutig absteckte und damit die Veranstaltungen ausdrücklich legitimierte. Grundsätzlich wurden für die Anatomia publica Leichen von zum Tode verurteilten Personen verwendet, die möglichst von außerhalb der Stadt stammten und keine Verwandten am Ort hatten.16 Eine notwendige Voraussetzung für die Durchführung der Anatomia publica stellte die Freigabe des Leichnams durch die zuständige Obrigkeit dar.17 Des Weiteren war für eine würdige Beisetzung der Leichenteile zu sorgen. Die Verlesung der christlichen Messen für das Seelenheil des Verstorbenen gewährleistete die Einbindung der anatomischen Lehrsektion in die geistlich-religiös gefasste Lebenswelt der Zeit und damit die Zustimmung der Kirche zu diesem Verfahren.18 Als jährlich wiederkehrende Veranstaltungen waren die anatomischen Demonstrationen in den Jahresablauf an den Universitäten und Collegien integriert. Da frische Leichen aus Gründen der Haltbarkeit nur bei niedrigen Temperaturen über mehrere Tage seziert werden konnten, war die Anatomia publica auf die Winterzeit terminiert. Geladen wurden seinerzeit je nach örtlichen Besonderheiten Medizinstudenten, Ärzte und Chirurgen. Bestimmungen zur Sitzordnung nach sozialer Zugehörigkeit der Zuschauer, zum Einlass und zum Aufsichtspersonal regelten die jeweilige interne Ausgestaltung der Veranstaltungen. Verschiedentlich war es dem Publikum gestattet, sich in einem geregelten Verfahren zu Wort zu melden.19 Durchaus variabel wurde hingegen die Rollenverteilung der die Sektion ausführenden Akteure, also Lektor, Sektor und Demonstrator, in den verschiedenen Statuten gehandhabt.20 Das Format der arbeitsteiligen und in obrigkeitlich regulierten Verfahren vollzogenen öffentlichen anatomischen Demonstration, wie es in den verschiedenen Statuten seit dem 15. Jahrhundert festgelegt wurde, erwies sich als ebenso flexibel im jeweiligen inneren Aufbau wie auch als außerordentlich stabiler äußerer Rahmen und lässt sich in seinen Grundzügen bis in das 18. Jahrhundert in verschiedenen institutionellen Zusammenhängen in jeweils lokal wie zeitlich spezifischer Ausprägung nachweisen.
Anatomie der Renaissance und Anatomische Theater
Entscheidende Impulse für einen inhaltlichen Wandel in der Anatomie gingen von den allgemeinen, sich auch wechselseitig bedingenden gesellschaftlich-kulturellen sowie wissenschaftlichen Entwicklungen des 16. Jahrhunderts aus. Wesentlichen Einfluss hatten der Humanismus mit der Rückbesinnung auf die antiken Originaltexte, die neuen bildlichen gleichfalls am antiken Vorbild orientierten Darstellungsformen in der Kunst sowie die Erfindung des Buchdrucks, durch den eine beschleunigte Verbreitung und Rezeption neuer Erkenntnisse möglich wurden.21 Zwischen 1502 und 1545 erschienen zahlreiche anatomische Werke im Druck,22 in deren Folge sich mit der Reinigung der Schriften Galens (129–199) von arabischen Einflüssen zugleich eine eigene Form des Galenismus herausbildete. Mit der philologischen Bearbeitung tradierter Texte23 entwickelte sich auf Grund von beobachteten Textabweichungen, Widersprüchen und der somit notwendigen Entscheidung für oder gegen tradierte Wissensbestände gleichfalls, wenn auch nur allmählich, eine Form der Sektion, die im Sinne der vorgalenischen Vorgehensweise der beiden alexandrinischen Anatomen des 4. und 3. vorchristlichen Jahrhunderts Herophilos und Erasistratos einer eigenständigen, systematisch-autoptischen Beobachtung verpflichtet war. Galen, der im Rahmen seiner umfangreichen anatomischen Beschäftigungen lediglich Tiere hatte sezieren können, hatte diesen Umstand selbst nicht nur in seinen Schriften ausdrücklich benannt,24 sondern im Bewusstsein um diesen Mangel auch auf die am menschlichen Leichnam erworbenen Erkenntnisse beispielsweise des Herophilos verwiesen und diese kritisch abwägend diskutiert.25
Bereits aus dieser Phase der "prävesalischen" Anatomie26 in der ersten Hälfte des 16. Jahrhunderts sind Vorstellungen zum Bau anatomischer Theater überliefert. Als erste Beschreibung einer idealen, noch temporär gedachten Einrichtung dieser Art gelten die Ausführungen des in Verona gebürtigen Mediziners Alessandro Benedetti (ca. 1450–1512).27 Vieles spricht dafür, dass Benedetti als Professor der Anatomie am Collegium Medicum zu Venedig unterrichtete.28 Dort, in Venedig, waren die Chirurgen bereits seit dem Jahre 1368 aufgefordert, einmal jährlich eine Anatomie durchzuführen.29
Im Jahre 1502 erschien das für die Geschichte des Anatomischen Theaters so bedeutende Werk Anatomice sive historia corporis humani30 Benedettis erstmals im Druck.31 In dem Kapitel "Vom Lob der Sektion (De laude dissectionis)" forderte er eine jährlich zu veranstaltende Sektion sowohl für unerfahrene als auch erfahrene Ärzte und Chirurgen und unterstrich den Vorrang der mit den eigenen Augen (nostris oculis) angestellten Beobachtung vor dem Studium der Bücher und der Verwendung von Illustrationen, die lediglich das Erinnerungsvermögen unterstützen könnten. Unter Verweis auf Plato (427–347 v.Chr.) führte er weiter aus, dass jener, der nur den schriftlichen Denkmälern (monumentis) vertraue, ohne die Dinge selbst zu beobachten, das deutlich Sichtbare nicht werde erkennen können.32 Den konkreten medizinischen Nutzen der Sektion für die Medizin begründete er in dem Kapitel "De utilitate anatomices et de cadavere eligendo, deque temporario theatro constituendo"33 mit dem möglichen Erkenntnisgewinn zu Krankheitsursachen.34
Für die zweckmäßige Gestaltung eines für öffentliche Anatomien hergerichteten Raumes forderte Benedetti: "temporarium Theatrum constituendum est circumcaveatis sedilibus, quale Romae ac Veronae cernitur" .35 Ihm schwebte somit ein zeitlich befristet erbautes Theater vor,36 dessen Sitze in einem umlaufenden Zuschauerraum37 angeordnet sein sollten. Zur Orientierung dienten ihm die römisch-antiken Bauten des Colosseum zu Rom sowie der Arena in Verona, die im Grundriss oval erbaut waren. Die weiteren von Benedetti genannten Voraussetzungen für anatomische Demonstrationen vermitteln eine anschauliche Vorstellung vom Hergang zeitgenössischer Sektionen vor einem größeren Auditorium und den damit verbundenen Problemen, die für die Veranstalter zu berücksichtigen waren: Man benötigte einen Raum, der frische Luft gewährleistete und einer großen Zahl von Zuschauern ausreichend Platz bot, ohne dass der Lehrer von der Menge gestört wurde; zwei Wächter sollten Unberechtigten den Zugang verwehren, während andere Aufseher Eintrittsgelder für die Finanzierung der Instrumente einnehmen sollten. Um den Zuschauern eine gute Sicht und dem Lehrer einen bequemen Zugang zu der Leiche zu ermöglichen, sollte diese auf einem erhöhten Tisch (editiore scamno) im Zentrum des Theaters liegen.38
Ähnliche Raumvorstellungen entwickelte um 1545 der französische Anatom und Buchdrucker Charles Estienne (Carolus Stephanus, um 1503–1564),39 der in seinem Werk De dissectione partium corporis ein anatomisches Theater mit einem allerdings halbrund (hemicyclum) angelegten Zuschauerraum beschrieb.40 Neben diesem architektonischen Grundkonzept schlug Estienne im Sinne einer guten Sicht auf den Leichnam einen drehbaren Tisch vor, um den Körper zu den verschiedenen Seiten des Publikums hinwenden zu können. Eine verbesserte Akustik suchte er darüber hinaus mithilfe eines Wachstuches zu gewährleisten, das über das im Freien aufgebaute Theater gespannt wurde. Die ungehinderte Sicht der Zuschauer auf den Sektionstisch sowie Ruhe und Platz für die Vortragenden und Demonstrierenden waren sowohl für Benedetti als auch Estienne die leitenden Kriterien für die räumliche Gestaltung des anatomischen Theaters. Mit der theatralischen Anordnung wurde die Blickrichtung der Zuschauenden von oben nach unten auf den Leichnam gelenkt, der im Zentrum der halbrund oder oval angeordneten Sitzreihen lag. Der auf den Rängen gleichwohl nur beschränkt möglichen Rezeption des im Theaterrund Demonstrierten begegnete Estienne mit dem Vorschlag, einzelne dem Leichnam entnommene Körperteile durch den Saal und die Treppen hinauf tragen und zeigen zu lassen.41 Angestrebt wurde die für jeden einzelnen Zuschauer mögliche Autopsie im Sinne einer Augenzeugenschaft sowie die Hörbarkeit des Vortrages bei gleichzeitiger Disziplinierung des Publikums vermittels einer Sitzordnung in fest installierten und seitlich mit Geländern versehenen Holzbänken.
Vesals öffentliche Anatomie aus dem Jahre 1540
Ein eindrückliches Zeugnis für eine anatomische Demonstration in einem Theatrum anatomicum bieten die Mitschriften des Studenten Balthasar Heseler (1608/1509–1567)42 zu einer öffentlichen Sektion, die im Jahre 1540 in Bologna stattfand. Auf Einladung der Studenten war der gerade 25-jährige Andreas Vesal (1515–1564) angereist, um als Anatom die Vorlesung von Matthaeus Curtius (1475–1542/1544) zu begleiten. Vesal war seinerzeit als Lehrer der Anatomie und Chirurgie in Padua tätig, hatte bereits verschiedene anatomische Werke publiziert,43 war Mitarbeiter an der von dem venezianischen Buchdrucker Luca Antonia de Giunta (1457–1538) betriebenen Neuausgabe der Opera omnia Galens und plante die Herausgabe eines größeren anatomischen Tafelwerks.44 In diese Phase der intensiven und kritischen Auseinandersetzung mit der Lehre Galens fiel die Einladung nach Bologna. Die Veranstaltung umfasste im Ganzen 25 Lektionen und 26 anatomische Demonstrationen, die innerhalb von 14 Tagen im Wechsel aufeinander folgten und in deren Verlauf die Anatomie an drei menschlichen Leichen sowie sechs Hunden gezeigt wurde.45 Am Morgen des 15. Januar 1540 begann Vesal in der Kirche San Francesco46 vor etwa 200 Studenten und Universitätsangehörigen mit der Sektion einer Leiche, die bereits vorbereitet und geöffnet, rasiert, gewaschen und gereinigt worden war.47 Vesal sezierte persönlich, während er gleichzeitig die anatomischen Strukturen erläuterte, deren Kenntnis er dem Publikum auch zum Nutzen der ärztlichen Praxis an konkreten Beispielen verdeutlicht empfahl. Als didaktische Hilfsmittel für seine Ausführungen zog er ein Skelett heran, entwarf anatomische Skizzen und verwies auf die Notwendigkeit einer weiterführenden Lektüre. Bei bestimmten Anlässen forderte er die Studenten auf, aus den Bänken heraus- und nahe an die Leiche heranzutreten, um die anatomischen Strukturen genauer betrachten und ertasten zu können. Neben der Morphologie und den topographischen Verhältnissen der Organe zueinander demonstrierte er bisweilen ihr physiologisches Zusammenspiel, indem er die Studenten das im geöffneten Thorax eines Hundes schlagende Herz und gleichzeitig den peripheren Arterienpuls fühlen ließ und sie ermunterte, selbst Beobachtungen anzustellen und diesen zu trauen.
Rückblickend berichtet Vesal in der 1543 erschienenen Fabrica, dass er die Sektionen in Bologna und Padua in (anatomischen) Theatern durchgeführt habe.48 Dabei handelte es sich noch um temporäre Theater, die im Anschluss an die jeweilige Demonstration wieder abgebaut wurden. Über die zweckmäßige Einrichtung eines solchen Theaters äußerte er sich lediglich allgemein und riet, das Theater und den Tisch, auf welchem die Leiche zu platzieren war, so anzuordnen, wie es für den Sezierenden selbst und zugleich für die Aufnahme des Geschehens im Publikum passend sei.49 Den Charakter einer solchen öffentlichen Demonstration führt eine als Frontispiz der Fabrica vorangestellte Illustration programmatisch vor Augen.50 Das dort propagierte Modell der Anatomia publica, Vortrag, Sektion und Demonstration bei einer ausübenden Person zu bündeln, war jedoch nicht allgemein durchsetzungsfähig. Vielmehr wurde das arbeitsteilige Verfahren bei anatomischen Demonstrationen wohl nicht zuletzt aus Gründen der Arbeitsökonomie von Lehrern wie Studenten weiterhin bevorzugt.51
Öffentliche und private Anatomie
Neben der öffentlichen Lehranatomie war schon zu Zeiten Galens die so genannte "private" Sektion von nicht zu unterschätzender Bedeutung.52 Vesal äußerte hierzu, dass diese Form der Sektion zu seiner Zeit im kleinen Kreis (privatam et inter paucos)53 häufig durchgeführt würde und dass er sie grundsätzlich bevorzugte. Den Vorteil der öffentlichen Sektion sah er vor dem Hintergrund des bestehenden Leichenmangels darin, dass auf diese Weise ein größeres Publikum und damit auch die weniger geübten gleichwohl aber interessierten Personen erreicht werden könnten.54 Einen weiteren wesentlichen Unterschied zwischen öffentlichen und privaten Lehranatomien bestimmte Vesal – ähnlich wie Benedetti – dahingehend, dass bei der Anatomia publica vor allem der hinsichtlich des (männlichen) Geschlechts und (mittleren) Alters möglichst "normale" Körper präsentiert werden. Demgegenüber wäre für private Sektionen jeder Körper geeignet, da in diesem Rahmen der Körper genauer hinsichtlich etwaiger krankhafter Veränderungen sowie hinsichtlich der Natur vieler Krankheiten (multorum morborum naturam) untersucht werden könne.55
In diesen "privaten" Veranstaltungen, die einer genaueren Untersuchung des Leichnams Raum gaben, war es für Studenten auch möglich, ihr theoretisches Wissen um praktische Fertigkeiten zu erweitern und sich Sektionstechniken wie auch chirurgisches Wissen anzueignen.56 Die Professoren und Autoren des 16. Jahrhunderts verwiesen ihrerseits in verschiedenen anatomischen Werken auf die aus Sektionen dieser Art gewonnenen Erkenntnisse.57 Im Unterschied zu öffentlichen fanden "private" Sektionen in einem weniger regulierten, wenngleich nicht rechtsfreien Rahmen statt. Zu einem wohl nur schwerlich zu bestimmenden Teil wurden sie in den Privaträumen der Professoren, anderer Ärzte sowie Chirurgen, des Weiteren in Hospitälern oder eigens ausgesuchten Räumlichkeiten, etwa in Kirchen, durchgeführt. Die notwendige Beschaffung von Leichen geschah in einigen Fällen mit dem Einverständnis der jeweiligen Angehörigen, in anderen Fällen in Hospitälern. Mitunter jedoch wurden auch irreguläre und beispielsweise mit Grabräubereien durchaus strafbare Wege der Leichenbeschaffung beschritten.58
Permanente anatomische Theater
Der Übergang vom temporären zum beständig eingerichteten anatomischen Theater vollzog sich über einen längeren Zeitraum. In der vergleichenden überregionalen Perspektive59 wird deutlich, dass diese Entwicklung weder gleichförmig noch stetig verlief. Vielmehr waren die relevanten Rahmenbedingungen und Faktoren, die für die Etablierung eines anatomischen Theaters von Bedeutung sein konnten, von Ort zu Ort unterschiedlich. Die maßgeblichen Akteure der jeweiligen Entscheidungs- und Entwicklungsprozesse fanden sich in den Universitäten mit ihren Medizinischen Fakultäten, in den Chirurgengilden und ärztlichen Korporationen sowie in den städtischen oder fürstlich-monarchischen Regierungen.
Anatomische Theater im universitären Kontext
Eine Vielzahl anatomischer Theater entstand im Umfeld von Universitäten. Dazu zählt die im Jahre 1554 in Salamanca eröffnete Casa del Anatomia, deren Gründung durch das Zusammenspiel königlicher, städtischer und universitärer Interessen und Einflussnahmen möglich wurde und im Zusammenhang mit der Einrichtung eines Lehrstuhls für Anatomie erfolgte.60 In Padua betrieb vor allem der Professor der Anatomie, Girolamo Fabricio ab Acquapendente (um 1533–1619), nicht zuletzt in Abgrenzung zu den von den Studenten in der Stadt nachgefragten privaten Sektionen im Jahre 1584 den Bau eines permanenten anatomischen Theaters.61 Nachdem dieser Einbau bereits 1590 nicht mehr nutzbar war, initiierte Fabricio vor dem Hintergrund einer Konkurrenzsituation mit der Medizinischen Fakultät zu Bologna am selben Ort die Errichtung eines neuen, größeren, im Jahre 1594 eröffneten und bis heute erhaltenen Theaters. Dieses zweite anatomische Theater, das auf Grund seiner Bauform an das Konzept Alessandro Benedettis erinnert und in der Literatur als Prototyp des anatomischen Theaters gilt, war zusätzlich mit einem Vorraum ausgestattet,62 in welchem die Leichen für die anatomische Demonstration von studentischen Assistenten vorbereitet wurden.63 Bis heute sind diese Räumlichkeiten des anatomischen Theaters – der Vorbereitungsraum und der Hauptraum mit den dicht gebauten Zuschauerrängen – in einem Eckflügel des Palazzo Bo zu besichtigen. Zur Eröffnung des Theaters veranstaltete Fabricio hier eine anatomische Demonstration, zu der über die Universitätsangehörigen hinaus auch Händler und Handwerker bei freiem Eintritt geladen waren.64
1595 folgte die Universität zu Bologna dem Paduaner Beispiel mit dem Bau eines anatomischen Theaters. Dieses wurde 1637 durch ein zweites Gebäude ersetzt, dessen weitläufige Architektur auch dem akademischen Streitgespräch Raum bot.65 1589 wurde in Basel auf das Betreiben des Stadtarztes und Professors Felix Platter (1536–1614) mit der Einrichtung einer Professur der Anatomie und Botanik zugleich ein ständiges, fest eingebautes anatomisches Theater für Caspar Bauhin (1560–1624) errichtet, womit das erste anatomische Theater nördlich der Alpen entstand.66 Diesem folgte 1597 das durch Pieter Pauw (1564–1617) in Leiden errichtete anatomische Theater, das sich im nächsten Jahrhundert zu einem führenden Zentrum der Anatomie in Europa entwickeln sollte.67 Mit weiteren Theaterbauten schlossen sich die Universitäten zu Kopenhagen (1643),68 Harderwijk (1648),69 Groningen (1654)70 und Uppsala (1662)71 dieser Entwicklung an.
Auch im deutschen Sprachraum fand die Aufforderung, regelmäßig anatomische Demonstrationen durchzuführen, seit dem 16. Jahrhundert zunehmend Eingang in die Universitätsstatuten, so in Wien (1537) oder Leipzig (1558)72. Nicht immer war damit die Einrichtung eines festen Theaters für die anatomische Lehre verbunden.73 Als erste ständige Einrichtung dieser Art an einer deutschen Universität sei auf das anatomische Theater zu Altdorf (1650) verwiesen, das anders als das Paduaner Theater nicht in einer rund oder oval sondern in einer frontal geordneten Situation von Sektionstisch und im Halbrund arrangierten Sitzbänken errichtet wurde.74 Nicht unerwähnt bleiben sollen entsprechende Einrichtungen an den illustren Gymnasien, die wie in der Freien Reichsstadt Bremen eine höhere Bildung und unter anderem auch medizinische Grundkenntnisse vermittelten.75
Anatomische Theater im städtischen Kontext
Neben den Universitäten bildeten die Chirurgengilden oder -zünfte einen Ausgangspunkt für die Etablierung von Lehrsektionen. Im Jahre 1505 etwa erhielten die Barbiere und Chirurgen zu Edinburgh vom Magistrat der Stadt die Erlaubnis, einmal im Jahr den Leichnam eines zum Tode Verurteilten zu sezieren. Zugleich sollten gewisse Anatomiekenntnisse eine wesentliche Voraussetzung für die Zulassung zur Berufsausübung sein.76 1540 wurde der Company of Barbers and Surgeons von London das Recht erteilt, jährlich zum Zweck der Unterweisung der Chirurgen vier Körper zu sezieren.77 Als Lektoren wurden in der Regel Ärzte verpflichtet, als deren erster John Cajus (1510–1573) über 17 Jahre hinweg dieses Amt versah.78 Dem Wunsch der Amsterdamer Chirurgengilde, jährliche Sektionen zum Zweck der Ausbildung ihrer Mitglieder durchzuführen, entsprach Philipp II. (1527–1598), König von Spanien und Graf von Holland, im Jahre 1555.79 Vielerorts folgte der verbindlich erlaubten Lehrsektion die Errichtung eines anatomischen Theaters. Die Londoner Company of Barbers and Surgeons entschied sich 1636 zum Bau eines anatomischen Theaters, mit dessen Realisierung Inigo Jones (1573–1652) beauftragt wurde.80 Beeindruckend ist auch die Zahl von zwölf anatomischen Theatern, die bis zum Jahre 1700 allein von den Chirurgengilden verschiedener niederländischer Städte gegründet wurden.81 In Amsterdam wechselte die Gilde mehrfach die Räumlichkeiten, in denen die öffentlichen Demonstrationen stattfanden, bis 1691 ein anatomisches Theater in der Nieuwe Waag eingerichtet wurde.82 Oblag die anatomische Demonstration anfangs noch Gildemitgliedern, so ging man später dazu über, einen akademischen Arzt als Praelector anatomiae anzustellen, darunter so bedeutende Anatomen wie Nicolaes Tulp (1593–1674)[]83 und Frederik Ruysch (1638–1731).84 Mit dem Praelektorat war zugleich ein theoretischer Unterricht für die Lehrlinge der Chirurgie verbunden, der zwei Mal in der Woche stattfinden sollte.85 Außeruniversitäre Lehranatomien wurden primär von den Obrigkeiten gefördert, um die Qualität im städtischen und territorialen Medizinalwesen zu verbessern. Entsprechend wurden seit dem 17. Jahrhundert in Deutschland etwa in den Reichsstädten Hamburg 86 und Nürnberg,87 unter Federführung eines lokalen Stadtarztes oder Mitgliedes des örtlichen Collegium medicum Sektionen durchgeführt. Ziel war es, auf diese Weise das nicht akademische wie akademische Heilpersonal fortzubilden, das in den Städten tätig war. Bisweilen richtete sich das Lehrangebot darüber hinaus auch an Illustratoren und andere künstlerische Berufsgruppen.88 Feste Räumlichkeiten für die Durchführung solcher Sektionen sind für die Hansestadt Hamburg beispielsweise ab 165289 und für Nürnberg seit 1668 nachweisbar; ein anatomisches Amphitheater wurde dort 1699 eingerichtet.90 Beispiele für territorialstaatlich begründete anatomische Theater, deren Errichtung in engem Zusammenhang mit Bemühungen zur Reform des jeweiligen Medizinalwesens und auf Betreiben königlicher Institutionen, darunter die entsprechenden Approbationsbehörden, zustande kam, bieten die Einrichtungen in Madrid (1689)91 und Berlin (1713/1724). In Brandenburg-Preußen wurden mit dem Medizinaledikt von 1725 anatomische Pflichtkurse für Ärzte und Chirurgen am Theatrum anatomicum der Hauptstadt eingeführt, die künftig eine Voraussetzung für die Zulassung zur Berufsausübung darstellten.92
Zur institutionellen Einbindung der anatomischen Theater
Insbesondere im universitären Umfeld waren anatomische Theater zumeist Teil einer spezifischen medizinisch-heilkundlichen Infrastruktur, der Botanische Gärten wie auch naturkundliche Sammlungen zuzurechnen waren.93 Das Interesse an der Erkundung der Natur im 16. Jahrhundert machte den Bau des menschlichen Körpers in ähnlicher Weise zum Gegenstand forschender Beobachtung und Beschreibung wie Pflanzen und andere Objekte der realen Welt. Die Ergebnisse dieser Bemühungen wurden in Texten festgehalten und mit illustrierenden Abbildungen publiziert. Um das erforderliche Beobachtungs- und Lehrmaterial stets zur Hand zu haben, richteten zuerst die Universitäten zu Padua und Pisa um 1543 botanische Gärten ein.94 Mit dem Aufbau von Herbarien konnten ähnlich wie mit der Herstellung von anatomischen Präparaten unabhängig von den Jahreszeiten Anschauungsmaterialien bereitgestellt werden. Nördlich der Alpen erfolgte die Gründung eines anatomischen Theaters verschiedentlich zeitgleich mit der Einrichtung eines botanischen Gartens, so in Basel, Leiden und Uppsala. Naturkundliche Sammlungen beruhten in der Regel auf privatem Engagement. Jedoch wurden, beispielsweise in Leiden,95 auch an den anatomischen Theatern spezifische Sammlungen aufgebaut, deren Objekte nicht nur ganzjährig für den akademischen Unterricht genutzt werden konnten, sondern auch von Besuchern und Reisenden besichtigt wurden.
Neben universitären Einrichtungen standen anatomische Theater auch in engem Zusammenhang mit den in der Regel von lokalen Obrigkeiten betriebenen Hospitälern. Den Statuten der Universität zu Salamanca von 156196 zufolge war beispielsweise festgelegt, dass pro Jahr sechs vollständige Anatomien des ganzen Körpers im anatomischen Theater demonstriert werden sollten, die um zwölf weitere im Allgemeinen Hospital und im Hospital del Estudio durchzuführende Teilanatomien mit je zwei des Kopfes, der Augen, der Nieren, des Herzens, der Muskeln und der Gefäße des Arms zu ergänzen waren. In Leiden wiederum kam es gegen Mitte des 17. Jahrhunderts vorübergehend zu anatomischen Sektionen am Hospital. Diese entwickelten sich im Rahmen eines Collegium medico-practicum für Studenten der Medizin am Caecilia-Hospital und hatten ihren Ursprung in einer Praxis, die dazu diente, die Krankheitsursachen festzustellen. Diese Sektionen wurden vom Professor der Anatomie in der Totenkammer des Hospitals parallel zu den öffentlichen Demonstrationen auf dem Theatrum anatomicum durchgeführt.97
Die öffentliche Demonstration auf dem Anatomischen Theater
Im Anatomischen Theater hatten die Anatomen einen Raum gefunden, der es ihnen in erster Linie erlaubte, eine Lehrveranstaltung im Sinne einer Überblicksvorlesung vor einem größeren Publikum durchzuführen und in deren Rahmen die Anatomie des menschlichen Körpers im Ganzen zu demonstrieren. Zugleich bot sich in diesen Veranstaltungen die Gelegenheit, fachliche Argumente öffentlich vor dem Publikum zu belegen und gegebenenfalls auch streitbar zu vertreten.98 Im städtischen wie im universitären Kontext konnten Veranstaltungen dieser Art zudem der Profilierung gegenüber anderen Berufsgruppen wie den Chirurgen dienen.99 Das Format der öffentlichen, wenngleich auf ein ausgewähltes Publikum zugeschnittenen anatomischen Demonstration passte mithin ebenso in den Kontext eines universitären Curriculums wie in den Zusammenhang eines zünftischen Ausbildungswesens oder eines städtischen, respektive territorialstaatlichen Approbationswesens. Die unterschiedlichen Zielgruppen der jeweiligen Veranstaltungen zeigen sich nicht zuletzt in den zahlreichen aus dem 17. und 18. Jahrhundert erhaltenen Einladungsschriften, mit welchen über den unmittelbaren Kreis des Lehrers und seiner Schüler hinaus in das anatomische Theater eingeladen wurde. Wurde die akademische Öffentlichkeit der Universitäten, die um Vertreter aus dem städtischen oder territorialen Medizinal- und Verwaltungswesen sowie um andere hochrangige Personen erweitert werden konnte, mit den in lateinischer Sprache verfassten Invitatorien zu den universitären Veranstaltungen geladen,100 so waren die landessprachlich gehaltenen Einladungen an ein breiteres Publikum adressiert, unter anderem an Ärzte und Chirurgen aber auch an Maler, Bildhauer oder schlicht an "alle Liebhaber der Anatomie".101 Vielfach dienten Schriften dieser Art auch der ausführlichen Darlegung des allgemeinen Nutzens der Anatomie, insbesondere für die Medizin und die Chirurgie, aber auch für die menschliche Erkenntnis der von Gott geschaffenen Natur und für das "gemeine Beste" im weiteren Sinne.102 Im Spiegel solcher Einladungsschriften sowie anderer Publikationen erhielt die öffentliche Sektion mit der Untersuchung des menschlichen Leichnams einen höheren, übergeordneten Sinn, der über die Vermittlung eines pragmatisch anwendbaren anatomischen Wissens hinaus wies und die Anatomia publica unter Berücksichtigung religiöser oder ethischer Aspekte in besonderer Weise rechtfertigte. Verschiedentlich wird die Anatomia publica daher als ein Ereignis mit der doppelten Funktion einer Lehrveranstaltung einerseits und eines theatralisch inszenierten sakralen Rituals andererseits beschrieben.103 Mitunter liegt der Fokus der Betrachtung allein auf den performativen Aspekten der Anatomia publica, die dann auch als ein "gesellschaftliches Ereignis" und "anatomisches Spektakel" gedeutet wird.104
Über funktionale Aspekte hinaus reichten im 17. Jahrhundert des Weiteren repräsentative Raumausstattungen mit aufwändigem Dekor und bequemen Sitzgelegenheiten, wie beispielsweise an der Universität zu Bologna.105 Neben der inneren Ausgestaltung der Gebäude diente gelegentlich eine bewusst gewählte, in den Stadtraum hinein wirkende Repräsentationsarchitektur dem Zweck der Selbstbehauptung gegenüber konkurrierenden Einrichtungen und Berufsgruppen. Dies kann wohl für das Amphithéatre anatomique zu Paris gelten, das im Jahre 1694 als frei stehendes anatomisches Theater von König Ludwig XIV. (1638–1715) den Chirurgen gestiftet wurde.106 Schließlich waren anatomische Theater mit ihren Sammlungen attraktive Reiseziele107 und fanden in Stadtbeschreibungen108 Berücksichtigung. Nicht ohne Grund bedienten sich die Herausgeber anatomischer Werke zumeist wohl idealisierender Ansichten von anatomischen Theatern, die als Frontispize einer Vielzahl von Abhandlungen und Tafelwerken vorangestellt wurden.109 In gewisser Weise repräsentierte das Bild vom Anatomischen Theater den erfolgreichen Aufschwung, den die Anatomie als eine wissenschaftliche und akademische Disziplin im 16. und 17. Jahrhundert genommen hatte.
Das Anatomische Theater im Übergang zum Anatomischen Institut
Gerade aber der Erfolg der Anatomie beruhte zu einem nicht geringen Teil auf der Hinwendung zu funktionalen Aspekten, wie dem von William Harvey (1578–1657) entdeckten Blutkreislauf, und der Beschreibung mikroanatomischer Strukturen. Das Studium entsprechender Phänomene fand außerhalb der öffentlichen Veranstaltungen am anatomischen Theater und unter anderem in privaten Zirkeln statt.110 Ebenso bewirkte die zunehmende Aufmerksamkeit für krankhafte Veränderungen an verstorbenen Patienten ein wachsendes Interesse an der pathologischen Anatomie, und auch rechtsmedizinisch motivierte Leichenöffnungen, die dazu dienten, etwa festzustellen, ob bestimmte Wunden tödlich waren, erforderten anatomische Kenntnisse.111 Vor diesem Hintergrund wurden seit der zweiten Hälfte des 17. Jahrhunderts Forderungen nach einer spezialisierten anatomischen Ausbildung für Mediziner und Chirurgen erhoben, woraus ab dem 18. Jahrhundert grundlegende Veränderungen an den anatomischen Theatern resultieren sollten. Die Kritik richtete sich unter anderem gegen die unzureichenden Möglichkeiten, die anatomischen Strukturen bei der üblichen Anatomia publica genau wahrzunehmen, und mündete in die Forderung, dass die Studenten selbst an der Leiche sezieren sollten.112 Die Voraussetzung für diese auch als "studentische Sektion"113 bezeichnete Form der Leichenöffnung war die Beschaffung, respektive Bereitstellung einer genügend großen Zahl von Leichen. Auf den wachsenden Bedarf an Leichen reagierten die lokalen und territorial-staatlichen Obrigkeiten in unterschiedlicher Weise mit der Ausweitung des Personenkreises, aus dem die Leichen für die anatomische Unterweisung an den anatomischen Theatern rekrutiert werden sollten. Waren dies bislang vornehmlich die Leichen von Hingerichteten gewesen, so sollten nun auch die Körper von Selbstmördern, und von unter der Geburt verstorbenen Müttern unehelicher Kinder, ferner die Leichname von auf der Straße aufgefundenen Verstorbenen ohne Angehörige oder auch von Insassen der Armen- und Arbeitshäuser für diese Zwecke herangezogen werden. Die nunmehr verpflichtende Abgabe von Leichen aus bestimmten, gesellschaftlich ausgegrenzten Bevölkerungsgruppen unabhängig vom Wohnort, führte vielerorts zu Einwänden der Angehörigen sowie erheblichen Konflikten.114 Aufgrund der großen Nachfrage insbesondere ausländischer Studenten entwickelte sich in Paris im Umfeld der Hospitäler ein vielfältiges Angebot an studentischen Sektionen im privaten Rahmen;115 in England entstanden im Laufe des 18. Jahrhunderts zahlreiche privat betriebene anatomy schools. In Berlin wurde die studentische Sektion neben Überblicksvorlesungen zur Anatomie in vergleichsweise großem Umfang in das Lehrangebot am anatomischen Theater integriert. Die hierfür erforderlichen Leichen wurden vor allem aus dem Personenkreis derjenigen Armen rekrutiert, die mit Almosen durch das Königliche Armendirektorium unterstützt wurden. In der Folge musste das Raumprogramm entsprechend angepasst werden, da für den Sektionsunterricht und zur Lagerung der Toten oder auch der Särge neue Räume bereit zu stellen waren. Die räumliche Ausdifferenzierung des anatomischen Theaters im 18. Jahrhundert in ein Auditorium mit angegliederten Sektions- und Präparierräumen oder -sälen sowie Sammlungsräumen bereitete schließlich die Herausbildung anatomischer Institute vor, wie sie sich im 19. Jahrhundert an den medizinischen Fakultäten vollziehen sollte.
Resümee
Die Geschichte des Anatomischen Theaters ist, wie sich zeigen ließ, eng verbunden mit der allgemeinen Entwicklung der Anatomie und des anatomischen Unterrichts. Seit dem 14. Jahrhundert vermochte sich die Anatomia publica zunehmend als ein zentrales durch Statuten klar geregeltes Lehrformat in Europa zu etablieren. Die Anforderungen an die räumlichen Voraussetzungen für diesen vor einem größeren Publikum zu erteilenden Unterricht konnten mit dem Bau anatomischer Theater weitgehend erfüllt werden. Dabei war das Anatomische Theater mehr als nur ein Ort für die Veranstaltung eines jährlich wiederkehrenden Rituals. Die Anatomia publica im Anatomischen Theater konnte dazu dienen, sowohl naturphilosophisch orientierte Erkenntnisse und religiös konnotierte Verweise als auch praktisch anwendbares anatomisches Wissen für den ärztlichen, chirurgischen und geburtshilflichen Alltag wie auch für die rechtsmedizinische Praxis zu vermitteln. Darüber hinaus ist die öffentliche Anatomie stets in engem Zusammenhang mit "privaten" Formen der Leichenöffnung insbesondere in Hospitälern zu betrachten. Diese eröffneten vertiefte Möglichkeiten für ein eingehendes Studium auch des krankhaft veränderten Körpers. Die verschiedenen Ausrichtungen und Anbindungen des Anatomischen Theaters ebenso wie die Vielfalt der jeweiligen universitären, korporativen, städtischen und territorial-staatlichen Zusammenhänge, in welchen diese Einrichtung gegründet und unterhalten wurden, eröffnen den historischen und medizinhistorischen aber auch kulturwissenschaftlichen Forschungen ein weites Feld an Fragestellungen. Neben institutionen- und ideengeschichtlichen Zugriffen beanspruchen heute mit Blick auf die seinerzeit an den anatomischen Theatern blühende Kultur des Präparierens und Sammelns zudem sachkundliche (Material-Culture-Studies) und praxeologische Ansätze ein besonderes Interesse. Schließlich verweisen die Bereitstellung und Verwendung menschlicher Leichname für die medizinisch-heilkundliche Lehre wie Forschung im und am Anatomischen Theater weiterhin auf Diskussionen, die bis in die Gegenwart reichen und hinsichtlich ihrer ethischen Implikationen nach wie vor an Aktualität nicht verloren haben.
Marion Mücke und Thomas Schnalke
Anhang
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Anmerkungen
- ^ Zedler, Großes Universal-Lexicon (43) 1745, Sp. 458–461.
- ^ Zedler, Großes Universal-Lexicon (43) 1745, Sp. 462.
- ^ Von den Lehranatomien abzugrenzen sind die schon für das 13. Jahrhundert nachweisbaren Sektionen zu medizinisch begründeten, insbesondere forensischen Zwecken, die der Feststellung von Todesursachen dienten. Zu den Formen der Sektion menschlicher Leichen vgl. Groß / Schweikardt / Schäfer, Die Zergliederung toter Körper 2010 sowie Brugger / Kühn, Sektion der menschlichen Leiche 1979.
- ^ Hierzu vgl. Baader, Mittelalterliche Medizin 1982.
- ^ Aus der reichhaltigen Literatur zur Geschichte der Anatomie und Sektion in der Antike sei hier einführend verwiesen auf Wittern, Die Anfänge der Anatomie 1995; Baader, Sektion und Vivisektion 1968; Edelstein, Geschichte der Sektion 1932.
- ^ Vgl. Stefenelli, Einwände gegen die Sektion 1998. - Zu der in der Forschungsliteratur wiederholt geäußerten Denkfigur eines Tabus der Leichenöffnung im Mittelalter vgl. Park, The Criminal and the Saintly Body 1994, mit Hinweisen auf die für das 14. Jahrhundert nachweisbare Praxis der Sektion von Familienangehörigen, Verwandten sowie Angehörigen eines Konvents durch Heilkundige.
- ^ Vgl. Diepgen, Der Kirchenlehrer Augustin 1951, S. 208f.
- ^ Zur Entwicklung der Medizinischen Fakultäten an den Universitäten des Mittelalters allgemein vgl. den Überblick bei Siraisi, Die Medizinische Fakultät 1993.
- ^ Vgl. Artelt, Älteste Nachrichten 1940, S. 18–19 sowie Siraisi, Taddeo Alderotti and his Pupils 1981, S. 112f.
- ^ Wittern, Kontinuität und Wandel in der Medizin 1999, S. 554–558.
- ^ Wittern, Kontinuität und Wandel in der Medizin 1999, S. 555.
- ^ Vgl. die Übersicht bei Nauck, Zur Chronologie und Topographie der Lehranatomien 1959.
- ^ Eine Analyse der Illustration bietet Bylebyl, Interpreting the Fasciculo Scene 1990.
- ^ Zu den statuarischen Bestimmungen hinsichtlich der Anatomia publica an den Medizinischen Fakultäten zu Bologna und Padua, vgl. Ferrari, Public Anatomy 1987 sowie Bylebyl, Interpreting the Fasciculo Scene 1990, S. 308–316; zur öffentlichen Anatomie in Rom vgl. Carlino, Books of the Body 1994; zu den Verhältnissen in Venedig, wo die anatomischen Demonstrationen in der ersten Hälfte des 16. Jahrhunderts gemeinschaftlich vom Collegium Medicorum und dem Collegium chirurgorum durchgeführt wurde, vgl. Palmer, The Studio of Venice 1983, insbes. S. 46.
- ^ Auf die Differenz des Begriffs "öffentlich" im deutschen Sprachgebrauch, wonach dieser auf die Wahrnehmbarkeit und Sichtbarkeit bezogen ist, von der mehrdeutigen Verwendung des lateinischen Begriffs "publicus", der vor der Ebene der visuell-medialen Wahrnehmung vorrangig auf politisch-soziale Funktionsebenen abzielt und in diesem Sinne in den romanischen Sprachen und im Englischen gebräuchlich ist, verweist Moos, "Öffentlich" und "privat" im Mittelalter 2004, S. 10–11. Zur Bedeutung und der Bedeutungsverschiebung des deutschen Begriffs "öffentlich" im deutschen Sprachraum im 17. Jahrhundert "weg von dem 'allen Zugänglichen' hin zum 'obrigkeitlich Sanktionierten'", vgl. Schiewe, Öffentlichkeit 2004, insbes. S. 28–34, hier S. 32. Davon abzugrenzen ist der wesentlich von Jürgen Habermas entwickelte Öffentlichkeitsbegriff, der zentral auf medial vermittelten Kommunikationsprozessen basiert. – Dazu beispielsweise der Überblick von Mauelshagen, Öffentlichkeit und Vernetzungen 2009.
- ^ Vgl. Carlino, Books of the Body 1994, S. 92–98.
- ^ Den Statuten der Universität zu Bologna zufolge, durften Ärzte und Studenten nur mit Zustimmung des Rektors Leichen erhalten, vgl. Statuti dell'Università di Medicina e d'Arti del 1405, Rubr. 96, S. 289. In Rom war seit dem 16. Jahrhundert erstens die Zustimmung des päpstlichen Vikars und zweitens des Senators oder Gouverneurs notwendig. Zu den Statuten des Collegium Medicorum Almae Urbis zu Rom aus dem Jahre 1584, vgl. Carlino, Books of the Body 1994, S. 78.
- ^ Vgl. die Statuten des Collegium Medicorum Almae Urbis zu Rom aus dem Jahre 1584, nach: Carlino, Books of the Body 1994, S. 78.
- ^ Nach den Statuten von 1496 sollten sich in Padua beispielsweise die anwesenden Ärzte erst nach Abschluss einer Sektion äußern dürfen, vgl. Bylebyl, Interpreting the Fasciculo Scene 1990, S. 311.
- ^ Bylebyl, Interpreting the Fasciculo Scene 1990, S. 309–311, führt mit Verweis auf die Statuten von Padua (1496) aus, dass ein Doctor extraordinarius als Lector oder Rezitator aus der Anathomie von Mundino dei Liuzzi vortrug, während ein erfahrener Professor ordinarius als Demonstrator wirkte, der die anatomischen Strukturen an der Leiche erläuterte, und ein Lehrer der Chirurgie die Sektion durchführte. In Venedig hingegen trug ein Mitglied des Collegium medicorum von erhöhtem Platz aus Mundinos Anathomia vor, während ein weiteres Mitglied den Text zu erklären und den in der Regel aus den Reihen der Chirurgen ausgewählten Sekanten entsprechend anzuweisen hatte, vgl. dazu Bylebyl, Interpreting the Fasciculo Scene 1990, S. 312. Eine im Vergleich zur Situation in Padua umgekehrte Rollenverteilung beschreibt Carlino (Books of the Body 1994, S. 85f.) für Rom, wo die Aufgabe des Lektors von einer prominenteren Person übernommen wurde.
- ^ Vgl. Singer, Das Zusammenfließen 1969 sowie Baader, Antikerezeption 1984.
- ^ Eine Übersicht für den Zeitraum von 1502 bis 1545 bietet Lind, Studies in Pre-Vesalian Anatomy 1975, S. 19.
- ^ Dazu vgl. Baader, Antikerezeption 1984, S. 64.
- ^ Vgl. beispielsweise die Ausführungen Galens über die Sektion des Gehirns unter Verwendung von Affenkörpern in: Galen, On Anatomical Procedures 1962, S. 10.
- ^ Verweise auf Herophilos finden sich bei Galen mehrfach, so Galen, On Anatomical Procedures 1962, S. 163, 189, 228; ausdrücklich zu den von Herophilos durchgeführten Sektionen menschlicher Leichen vgl. Galen: Über die Anatomie der Gebärmutter 1971, S. 43.
- ^ Mit dem Begriff "pre-vesalian anatomy" fasst Lind, Studies in Pre-Vesalian Anatomy 1975, S. 3 den Zeitraum von 1490 bis 1545.
- ^ Die Angaben über das Leben von Alessandro Benedetti sind widersprüchlich, wie auch die in der Sekundärliteratur anzutreffenden Angaben über eine zu verschiedenen Zeitpunkten ausgeübte Professur an den Universitäten zu Bologna oder auch zu Padua in jüngerer Zeit in Frage gestellt worden sind. - Zur Bio-Bibliographie von Alessandro Benedetti vgl. insbesondere Lind, Studies in Pre-Vesalian Anatomy 1975, S. 69–80. Zur Frage der Dozententätigkeit in Bologna vgl. Lind, Studies in Pre-Vesalian Anatomy 1975, S. 69; zur vermutlich nicht ausgeübten Lehrtätigkeit in Padua vgl. Rößler, Kunst des Augenscheins 2012, S. 205, Anm. 7 unter Verweis auf Ferrari, L'esperienza del passato 1996, S. 164ff.
- ^ Vgl. Palmer, The Studio of Venice 1983, S. 9; vgl. auch Ferrari, Public Anatomy 1987, S. 57.
- ^ Palmer, The Studio of Venice 1983, S. 4.
- ^ Übersetzungen bieten Lind, Studies in Pre-Vesalian Anatomy 1975, S. 81–137 (engl.) sowie Ferrari, Alessandro Benedetti 1998 (lat.-ital.).
- ^ In der Literatur, beispielsweise bei Richter, Das Anatomische Theater 1977, S. 24 und Underwood, The Early Teaching of Anatomy 1963, S. 6, anzutreffende Hinweise auf frühere Druckausgaben aus den Jahren 1493 und 1497 lassen sich anhand der einschlägigen Kataloge nicht nachweisen. Dem an der Österreichischen Nationalbibliothek überlieferten Exemplar aus dem Jahre 1502 ist jedoch ein Widmungsbrief an den Mailänder Jacobus Antiquarius aus dem Jahre 1493 sowie ein weiterer Widmungsbrief an König Maximilian (1459–1519), den späteren römisch-deutschen Kaiser, aus dem Jahre 1497 vorangestellt. – Zum Erscheinungsjahr vgl. insbesondere Lind, Studies in Pre-Vesalian Anatomy 1975, S. 76.
- ^ Nach der Übersetzung bei Lind, Studies in Pre-Vesalian Anatomy 1975, S. 137, für den Originaltext siehe Ferrari, Alessandro Benedetti 1998, S. 348, 350.
- ^ "Über den Nutzen der Anatomie, die Auswahl des Leichnams und den Bau eines temporären anatomischen Theaters" (Übersetzung d. Verfasser).
- ^ Eine deutsche Übersetzung dieses Kapitels bieten: Carmichael / Ratzan, Medizin in Literatur und Kunst 1994, S. 78f.
- ^ "Ein temporäres Theater ist mit umlaufenden Sitzen, wie sie in Rom oder Verona zu sehen sind, auszustatten" (Übersetzung d. Verfasser).
- ^ Auch Richter, Das Anatomische Theater 1977, S. 24 übersetzt die Überschrift des ersten Kapitels des Werkes dahingehend, dass Benedetti temporäre Theater im Sinn hatte. Castiglioni 1952, S. 1928 hingegen geht von einem "ständigen festen Gebäude" aus.
- ^ Die Formulierung „circumcaveatis“ ist in der Sekundärliteratur unterschiedlich übersetzt worden, u. a. bei Castiglioni, Die Anfänge der Medizinschule von Padua 1952, S. 1928 sowie bei Underwood, The Early Teaching of Anatomy 1963, S. 6 mit "im Kreis angeordnet", beziehungsweise "seats fashioned in a circle". Bereits Cetto hat in Wolff-Heidegger / Cetto, Die anatomische Sektion in bildlicher Darstellung 1967, S. 67, Anm. 2 darauf hingewiesen, dass die von Benedetti angegebenen Amphitheater in Rom und Verona im Grundriss oval angelegt sind. Wir schlagen als Übersetzung "umlaufender Zuschauerraum" vor, der unabhängig von der konkreten Form einen geschlossenen Raum umfasst, abgeleitet von: circum, adv. um, herum und cavea, ae f., u. a. Zuschauerraum.
- ^ Ob zu Benedettis Zeiten ein solches temporäres Theatrum anatomicum tatsächlich erbaut wurde, ist unter anderem von Wolff-Heidegger / Cetto, Die anatomische Sektion in bildlicher Darstellung 1967, S. 67 bezweifelt worden. Richter, Das Anatomische Theater 1977, S. 24 hält die Beschreibung Benedettis für überzeugend realitätsnah. Unabhängig von dieser Frage vermutet Giovanna Ferrari, dass "das Krankenhaus zu Petrus und Paulus in Venedig, in dem jährlich die Sektion des medizinisch-chirurgischen Kollegs vorgenommen wurde, auch der Schauplatz für Benedettis Demonstrationen war", zitiert nach Rößler, Kunst des Augenscheins 2012, S. 206, Anm. 10.
- ^ Zu Charles Estienne vgl. Rath, Charles Estienne, Zeitgenosse und Konkurrent Vesals 1967, zur Biographie Estiennes im Folgenden insbes. ebd., S. 145f.; Rath, Charles Estienne: Contemporary of Vesalius 1964; Rath, Charles Estienne. Anatom im Schatten Vesals 1955.
- ^ Stephanus, De dissectione partium corporis humani libri 1545, S. 347. – Die Abhandlung lag wohl schon 1539 vor und erfuhr 1546 eine weitere Auflage in französischer Sprache.
- ^ Estienne, Dissection des parties du corps humain 1546, S. 374.
- ^ Die Mitschriften liegen mit einer englischen Übersetzung versehen vor in: Eriksson, Andreas Vesalius' first public anatomy at Bologna 1540, 1959.
- ^ 1538 erschienen die Tabulae anatomicae und eine überarbeitete Ausgabe der Institutiones anatomicae von Johann Winter von Andernach (auch Johannes Guinter, 1505–1574). 1539 lieferte Vesal mit einem Brief über den Aderlass einen Beitrag zur seinerzeit heftig diskutierten Kontroverse um die Venaesectio.
- ^ O’Malley, Andreas Vesalius of Brussels 1964, S. 100.
- ^ Zusammenfassend mit Einzelbeispielen vgl. Mani, Vesals erste Anatomie in Bologna 1960.
- ^ Den Angaben von Heseler zufolge fand die Veranstaltung in den Räumen statt, in denen auch die Rektoren der Mediziner gewählt wurden. Auf Grund entsprechender Bestimmungen in den Fakultätsstatuten hat Eriksson, Andreas Vesalius’ first public anatomy at Bologna 1540, 1959, S. 306, Anm. 1 diese Räume in der Kirche San Francesco verorten können. Allgemein zur üblichen Nutzung angemieteter Gebäude sowie zur Abhaltung von Examina und Versammlungen in Kirchen und Klöstern durch die Universitäten zu Paris und Bologna, die anfänglich selbst über keinerlei Immobilien verfügten, vgl. Gieysztor, Organisation und Ausstattung 1993, S. 133.
- ^ Zu den Örtlichkeiten und dem Eröffnungszeremoniell vgl. den Bericht Heselers in: Eriksson, Andreas Vesalius’ first public anatomy at Bologna 1540 1959, S. 85, 87.
- ^ Vgl. O'Malley, Andreas Vesalius of Brussels 1964, S. 344.
- ^ Vgl. ebd.
- ^ Eine detaillierte Interpretation der Darstellung bietet Artelt, Titelbild zur „Fabrica“, 1950/1951.
- ^ Für die Verhältnisse im 17. Jahrhundert vgl. beispielsweise Urbanus, Statuta Collegii DD 1642, Cap. 49, S. 64f., wonach ein Lector, ein Sektor sowie ein Demonstrator zu bestimmen waren. – Allgemein dazu Nutton, Representation and Memory in Renaissance Anatomical Illustration 1997, S. 67.
- ^ Staden, Anatomy as Rhetoric 1995, S. 49.
- ^ Vgl. Vesal, Fabrica 1543, S. 547.
- ^ Vgl. O’Malley, Andreas Vesalius of Brussels 1964, S. 342f.
- ^ Vesal, Fabrica 1543, S. 548, vgl. die Übersetzung bei O'Malley, Andreas Vesalius of Brussels 1964, S. 343: "It is desireable that the body employed for public dissection to be as normal as possible according to its sex and of medium age, so that you may compare other bodies to it as if to the statue of Policletus. In private dissections, which are undertaken very frequently, any body can be profitably employed because you will also be able to examine whatever its variations and consider the differences of bodies and the true nature of diseases." Ähnlich in Bezug auf die öffentliche Demonstration auch: Benedetti, Historia corporis humani 1998, S. 84. Vesal hat diese Unterscheidung mit Blick auf private und öffentliche Sektionen in der überarbeiteten Auflage der Fabrica von 1555 nicht mehr getroffen. Dazu vgl. Siraisi, Vesalius and Human Diversity 1994, hier S. 303.
- ^ Vgl. Klestinec, Practical Experience in Anatomy 2010, S. 37 sowie Mandressi, Zergliederungstechniken und Darstellungstaktiken 2011, S. 55.
- ^ Carlino, Books of the Body 1994, S. 188–193.
- ^ Bereits Galen spricht davon, dass er aus einem – von Naturgewalten – aufgebrochenen Grab das erhaltene Skelett einer menschlichen Leiche entnommen habe, vgl. Galen, On Anatomical Procedures 1999, S. 3. Für das mittelalterliche Abendland kann ein zu Bologna gerichtlich verfolgter Grabraub auf das Jahr 1318 datiert werden, vgl. Carlino, Books of the Body 1994, S. 172f. Über einen weiteren, in der Literatur bekannten Grabraub berichtet Felix Platter in: Platter, Tagebuch (Lebensbeschreibung) 1536–1567, 1967, S. 111f., dass er 1554 während seines Aufenthalts in Montpellier gemeinsam mit einigen Kommilitonen verschiedentlich Leichen frisch Beerdigter des Nachts heimlich auf dem Friedhof ausgegraben habe. Ein Hinweis auf den Leichenhandel im Paris des frühen 18. Jahrhundert findet sich im Tagebuch Albrecht von Hallers, in: Haller, Tagebuch 1727–1728, 1968, S. 61, der in seinem Tagebuch die Bezahlung eines "Cadavers" an einen Totengräber notiert. – Zum Leichenraub und Leichenhandel im 17. und 18. Jahrhundert vgl. Stukenbrock, Der zerstückte Cörper 2001, S. 163–170.
- ^ Vgl. die Studie zur Gründung der anatomischen Theater in sieben spanischen Städten von Martinez-Vidal / Pardo-Tomas, Anatomical Theatres in Early Modern Spain 2005, zum Rahmen der komparatistisch angelegten Studie vgl. insbesondere S. 251–253; einen Überblick über verschiedene Orte und Institutionen anatomischer Lehre unter besonderer Berücksichtigung der Verhältnisse zu Paris und London bietet Cunningham, The Anatomist Anatomis’d 2010, S. 97–119.
- ^ Zum anatomischen Theater in Salamanca vgl. Martinez-Vidal / Pardo-Tomas, Anatomical Theatres in Early Modern Spain 2005, S. 256–259.
- ^ Zur Vorgeschichte des 1584 errichteten ersten anatomischen Theaters zu Padua vgl. Cynthia Klestinec, Theaters of Anatomy 2011, S. 55–73, hier S. 58.
- ^ Zur räumlichen Differenzierung des zweiten Theatrum anatomicum zu Padua vgl. Klestinec, Theaters of Anatomy 2011, S. 97f. – Einen weiteren Raum, in dem sich, neben dem Theater gelegen, "Hölzer, Feuer, warmes Wasser, Gefäße und alles andere dieser Art, was die Praxis erfordert", befinden sollte, hatte auch Guido Guidi (1509–1569) in seiner postum veröffentlichten Abhandlung Vidi Vidii de anatome corporis humani libri VII, Venedig 1611, S. 13, vorgesehen, hier zitiert nach der Übersetzung bei Rößler, Kunst des Augenscheins 2012, S. 298.
- ^ Vgl. Klestinec, Comportment and the Anatomy Theater 2007, hier S. 443f.
- ^ Klestinec, Theatres of Anatomy 2011, S. 102–104.
- ^ Zur Gründungsgeschichte des ersten Theaters zu Bologna vgl. Ferrari, Public Anatomy 1987, S. 72f., zur Architektur des zweiten Theaters vgl. ebd., S. 76. – Aufgrund ihrer unterschiedlichen Bauweise hat Richter, Das Anatomische Theater 1977, S. 37–42 u. 55–62, das anatomische Theater zu Padua als ein wissenschaftlich-praktisches und dasjenige zu Bologna als ein repräsentatives typisiert.
- ^ Über die Architektur des anatomischen Theaters zu Basel ist nur wenig bekannt, dazu vgl. Baggiolini, Stätten anatomischer Tätigkeit in Basel 1961. – Felix Platter hatte von 1552 bis 1557 in Montpellier studiert und in seinem Tagebuch ausführlich über die Verhältnisse an der dortigen Medizinischen Fakultät sowie das anatomische Theater und den botanischen Garten berichtet. In seinen verschiedenen Amtsfunktionen soll er bis 1583 mehr als 50 Leichen seziert und auch öffentliche Anatomien durchgeführt haben. – Vgl. Huber, Felix Platters "Observationes" 2003, S. 88.
- ^ Zum anatomischen Theater zu Leiden vgl. zuletzt Huisman, The Finger of God 2008.
- ^ Vgl. Richter, Das Anatomische Theater 1977, S. 45–49.
- ^ Vgl. Zuidervaart, Het in 1658 opgerichte theatrum anatomicum te Middelburg 2009, S. 78.
- ^ Vgl. ebd.
- ^ Vgl. Richter, Das Anatomische Theater 1977, S. 49.
- ^ Vgl. Pielmeyer, Statuten der deutschen medizinischen Fakultäten 1981, S. 65f., 69f.
- ^ Vgl. Richter, Das Anatomische Theater 1977, S. 51.
- ^ Vgl. ebd., S. 52f.
- ^ Eine Beschreibung des 1685 zu Bremen gegründeten anatomischen Theaters findet sich in dem Tagebuch von Zacharias Conrad von Uffenbach (1683–1734), der die Räumlichkeiten im Jahre 1710 besichtigt hatte, vgl. Uffenbach, Merkwürdige Reisen 1753–1754, vol. 2, S. 189f.
- ^ Zur Gründung der Gilde der Barbiere und Chirurgen zu Edinburgh im Jahre 1505 und den näheren Bestimmungen in der Gründungsakte vgl. Dingwall, The History of the Royal College of Surgeons of Edinburgh 2005, insbesondere S. 21; ein Abdruck des "Seal of Cause" findet sich ebd., S. 295–297.
- ^ Vgl. Dobson / Walker, Barbers and Barber-Surgeons of London 1979, S. 38–46.
- ^ John Cajus hatte unter anderem in Padua studiert, war dort 1541 zum Doctor medicinae promoviert worden und wohnte ebenda zur selben Zeit wie Andreas Vesal in der Casa degli Valli. – Das kritische Verhältnis des Galenisten John Cajus zu Andreas Vesal beleuchtet O'Malley, The Relations of John Caius with Andreas Vesal 1955; das Werk und die medizinisch-philologischen Leistungen des John Cajus werden gewürdigt in: Nutton, Johan Caius and the Eton Galen 1985.
- ^ Zur Entwicklung des anatomischen Unterrichts in Amsterdam vgl. Volkenandt, Rembrandt 2004, S. 114–132.
- ^ Dobson / Walker, Barbers and Barber-Surgeons of London 1979, S. 79–81.
- ^ Zuidervaart, Het in 1658 opgerichte theatrum anatomicum te Middelburg 2009, S. 78.
- ^ Dazu vgl. Volkenandt, Rembrandt S. 125f.
- ^ Bekannt wurde Nicolaes Tulp durch das 1632 von Rembrandt van Rijn (1606–1669) angefertigte Gemälde Die Anatomie des Dr. Tulp. – Zum Wissenschaftsverständnis und dem Werk Tulps vgl. Volkenandt, Rembrandt 2004, S. 80–99.
- ^ Zu Leben und Werk von Frederik Ruysch vgl. zuletzt Kooijmans, Death defied 2011, zur Ernennung Ruyschs zum Praelector anatomiae vgl. ebd., S. 62–66.
- ^ Zur Ausbildung der Chirurgen in Amsterdam und dem die traditionelle Ausbildung bei einem Meister der Chirurgie ergänzenden theoretischen Unterricht, vgl. Volkenandt, Rembrandt 2004, S. 117–125.
- ^ Vgl. Stegemann, Der Hamburger Stadtphysikus Paul Marquard Schlegel 1994, S. 62.
- ^ Vgl. Anonymus, Jubelfeier 1792, S. 825f.
- ^ So sind unter den Hörern des Nürnberger Arztes Christoph Jacob Trew (1695–1769) im Jahre 1726 sowohl Wundarztgesellen, Hebammen, Apotheker, als auch Künstler, wie beispielsweise Illustratoren, sowie Laien und Gelehrte vertreten, vgl. Schnalke, Anatomie für Alle! 1995, S. 55f.
- ^ Vgl. Stegemann, Der Hamburger Stadtphysikus Paul Marquard Schlegel 1994, S. 61, 68.
- ^ Vgl. Anonymus, Jubelfeier 1792, S. 825f.
- ^ 1698 wurde auf Betreiben der Regierung unter dem spanischen König Karl II. (1661–1700) und mit Unterstützung der Approbationsbehörde, des Protomedicato, im allgemeinen Krankenhaus zu Madrid ein anatomisches Theater eingerichtet und mit einer Professur versehen. – Vgl. Martinez-Vidal / Pardo-Tomas, Anatomical Theatres in Early Modern Spain 2005, S. 261–264.
- ^ Das anatomische Theater zu Berlin wurde 1713 für die anatomische Unterrichtung von Ärzten, Chirurgen und Hebammen gegründet und mit einem eigenen Professor Anatomiae ausgestattet. 1724 wurde ein Collegium medico-chirurgicum eingerichtet, dessen Mitglieder dem ein Jahr später erlassenen Medizinaledikt zufolge ein breites und in das territoriale Approbationswesen sowie in das Militärsanitätswesen eingebundenes heilkundliches Lehrangebot bereitstellen sollten. Ärzte beispielsweise mussten nunmehr als Voraussetzung für die Niederlassung in Brandenburg-Preußen einen am Berliner Theatrum anatomicum absolvierten Cursus anatomicus nachweisen. – Vgl. Stürzbecher, Aus der Frühgeschichte der Berliner Anatomie 1963.
- ^ Zu diesem Komplex vgl. die Beiträge von Findlen, Anatomy Theatres 2006, sowie Findlen, Natural History 2006.
- ^ Vgl. Engelhardt, Luca Ghini 2010, S. 66–70.
- ^ Vgl. die Untersuchung der Sammlung am anatomischen Theater zu Leiden, ihrer Entwicklung und Funktionen bei Huisman, The Finger of God 2008, insbesondere S. 38f. u. 55–69 sowie Huisman, Resilient Collections 2015. Zu anatomischen Sammlungen allgemein vgl. den zuletzt erschienenen Band von Knoeff / Zwijnenberg, The Fate of Anatomical Collections 2015.
- ^ Vgl. Martinez-Vidal / Pardo-Tomas, Anatomical Theatres in Early Modern Spain 2005, S. 258.
- ^ Vgl. Huisman, The Finger of God 2008, S. 137.
- ^ Hierfür bietet De Angelis, Demonstratio ocularis und evidentia 2011, S. 178 das Beispiel des Anatomen Constanzo Variolo (1543–1575) aus Bologna, der im April 1571 im Rahmen einer öffentlichen Sektion der Leiche eines Hingerichteten auf die Kritik von Kollegen an seinen Anatomielektionen reagierte und seine Auffassung am Leichnam darlegte, um die Zweifler zu überzeugen.
- ^ Dazu vgl. beispielsweise Stolberg, Eine anatomische Inszenierung 2011. – Zum Verhältnis von Anatomie und ärztlicher Selbstdarstellung ("self-fashioning") in der Frühen Neuzeit allgemein vgl. Stolberg, Frühneuzeitliche Heilkunst 2004, S. 124.
- ^ In den lateinischen Einladungen wurde häufig den civibus academicis der Gruß entboten, mithin den "akademischen Bürgern" als Angehörigen der Universität; gegebenenfalls aber waren sie im weiteren Sinne auch an die viros literatos, die Gelehrten im Allgemeinen, gerichtet. – Dazu vgl. beispielsweise die Zusammenstellung solcher Einladungsschriften bei Brandmayr, Anatomia publica zu Gießen 1998, mit entsprechenden Formulierungen auf S. 12, 32, 58 u. 96.
- ^ Beispielsweise hat Joseph-Guichard Duverney (1648–1730) seine anatomischen Demonstrationen im Jardin royal zu Paris sowohl mit französischsprachigen als auch mit in lateinischer Sprache abgefassten Einladungsschriften bekannt gemacht, dazu vgl. Guerrini, Duverney's Skeleton 2003, S. 600–601; vgl. auch die deutschsprachige, an "Alle Liebhaber der Anatomie" gerichtete Einladung von Christian Maximilian Spener (1678–1714) zur Eröffnung des anatomischen Theaters zu Berlin im Jahre 1713.
- ^ Vgl. Spener, Einladungsschrift 1713 und Trew, Vertheidigung der Anatomie 1729.
- ^ Vgl. Cunningham, The Anatomist Anatomis'd 2010, S. 47–55.
- ^ So zum Beispiel Schott, Der Leichnam in medizinhistorischer Sicht 2007, S. 54f. oder auch Böhme, Der Körper als Bühne 2011, S. 45f.; zur emotionalen Anrührung des Publikums durch die Sektionsvorführung vgl. Stockhorst, Das frühneuzeitliche theatrum anatomicum 2005, S. 1097–1104.
- ^ Vgl. Ferrari, Public Anatomy 1987, S. 74–82.
- ^ Dazu vgl. die Beschreibungen des anatomischen Theaters der Pariser Chirurgen an der Rue des Cordeliers bei Blondel, Architecture françoise 1752, S. 84–89 mit Ansichten und Grundrissen sowie Laget, L'Amphithéâtre de la Communauté des Chirurgiens de Paris 1998, S. 376; zu den Auswirkungen der Konkurrenz zwischen Chirurgen und Medizinern auf die bauliche Gestaltung der anatomischen Theater zu Paris vgl. Hottin, De la maison à l’amphithéâtre 2009, insbes. S. 10f.
- ^ Dazu zählten etwa Helmstedt (vgl. Uffenbach, Merkwürdige Reisen 1753–1754, vol. 1, S. 182f.), Bremen (vgl. Uffenbach, Merkwürdige Reisen 1753–1754, vol. 2, S. 189–190, Groningen (vgl. ebd., S. 262–264), Franeker (vgl. ebd., S. 287), Barber and Surgeons Hall, London (vgl. ebd., S. 570f.) und Oxford (vgl. Uffenbach, Merkwürdige Reisen 1753–1754, vol. 3, S. 110–118, S. 137), Rotterdam (vgl. ebd., S. 309–313), Leiden (vgl. ebd., S. 438–453), Amsterdam (vgl. ebd., S. 545–548). Auch in den Tagebüchern zu den Reisen Albrecht von Hallers nach Deutschland, Holland und England in den Jahren 1723–1727 wurden folgende Orte erwähnt: Leiden (vgl. Haller, Tagebuch 1883, S. 40, S. 111), Hannover (vgl. ebd., S. 68), Halle (vgl. ebd., S. 75f.), Helmstedt (vgl. ebd., S. 82).
- ^ Für das anatomische Theater beispielsweise zu Leiden vgl. Orlers, Beschrijvinge der Stad Leyden 1614, S. 147–149; für Berlin vgl. etwa Nicolai, Beschreibung der Königlichen Residenzstädte Berlin und Potsdam, 1. Aufl. 1769, S. 109, 2. Aufl. 1779, vol. 2, S. 513, 3. Aufl. 1786, vol. 1, S. 171.
- ^ Vgl. etwa die bei Wolff-Heidegger / Cetto, Die anatomische Sektion in bildlicher Darstellung 1967 abgebildeten Titelkupfer Nr. 155 (S. 477), Nr. 156 (S. 477), Nr. 157 (S. 477), Nr. 179 (S. 484), Nr. 213, (S. 496), Nr. 313 (S. 562).
- ^ Vgl. Huisman, The Finger of God 2008, S. 6–87, für die Entwicklung in Bologna vgl. Ferrari, Public Anatomy 1987, S. 90.
- ^ Als Beispiel für die Bedeutung pathologischer Beobachtungen vgl. das von Théophile Bonet herausgegebene Werk Sepulchretum sive anatomia practica, ex cadaveribus morbo denatis, in welchem aus der seinerzeit vorliegenden medizinischen Fachliteratur etwa 3.000 entsprechende Berichte zusammengetragen wurden. Die Notwendigkeit anatomischen Fachwissens für gerichtsmedizinische Untersuchungen betonte der Leipziger Stadtphysikus und Professor der Medizin Gottfried Welsch (1618–1690).
- ^ Vgl. etwa die Kritik bei François, Réformation de la médecine 1716, S. 157: "Mais dans les cours d'Anatomie qu'on fait publiquement il n'y a que peu de personnes qui puisse remarquer exactement la disposition des parties." [Übers. der Autoren: Aber in den öffentlichen Anatomiekursen gibt es nicht wenige Personen, für die es wichtig wäre, die Anordnung der [Körper-]Teile genau wahrnehmen zu können.].
- ^ Vgl. Gelfand, The "Paris Manner" of Dissection 1972, beispielsweise S. 110.
- ^ Vgl. Stukenbrock, Der zerstückte Cörper 2001.
- ^ Vgl. Gelfand, The "Paris Manner" of Dissection 1972, S. 111–130.
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