Seit den "Entdeckungen" der Frühen Neuzeit stehen die verschiedenen Regionen der Welt in einem permanenten Kontakt miteinander, dessen Interaktionen die Erfahrungs- und Lebenswelten aller Kulturen berührt haben. Damit wurden die innereuropäischen Transferprozesse der Neuzeit immer stärker von europäisch-außereuropäischen Transfers ergänzt und überformt. Die Beiträge dieses Themenstrangs behandeln nicht nur Transferprozesse, die von Europa in Richtung außereuropäische Welt liefen, sondern auch solche, die Europa aus der außereuropäischen Welt aufnahm oder abwehrte. Von besonderem Interesse ist dabei, inwieweit sich eine europäische Identität in Begegnung, Austausch und Abgrenzung mit und zur außereuropäischen Welt entwickelte und inwieweit diese Begegnung auch die europäischen Gesellschaften selbst transformierte.
Eine zentrale Kategorie, welche die Beziehungen Europas mit der außereuropäischen Welt charakterisiert, ist Herrschaft. Dieser Überblick stellt Formen und Akteure europäischer Herrschaft, verschiedene Herrschaftstechniken sowie Herrschaftsstrukturen dar und fragt nach den durch sie ausgelösten Transferprozessen, aber auch nach Widerständen und Rückwirkungen auf Europa. Zwar etablierte Europa asymmetrische Abhängigkeitsverhältnisse zu seinen Gunsten, wandelte sich aber im Kontakt mit der übrigen Welt auch selbst. So inspirierte die Debatte über die Abschaffung der Sklaverei die allgemeine Diskussion über die Menschenrechte. Der Beitrag Islamisches Recht und europäischer Rechtstransfer zeichnet nach, wie der Kontakt mit Europa die Rechtsvorstellungen der islamischen Welt beeinflusst hat. So wurden zum Beispiel byzantinische Institutionen durch das expandierende Osmanische Reich adaptiert. Im 19. Jahrhundert fand mit der teilweisen Übernahme des französischen "Code de commerce", eines Handelsgesetzbuches, die erste Rezeption einer westlichen Rechtssammlung statt.