Modell Amerika@Modell Amerika@(ÜB)@freigabe
Originalbeitrag
Einleitung
Der amerikanische Politikwissenschaftler James W. Ceaser (geb. 1946) hat vor einigen Jahren zornig zum Kampf um die Deutungshoheit über den Begriff seines Landes aufgerufen: "It is time to take America back." Ihm schien, als ob "Amerika" zu einer sinnbildlichen Beute der Europäer geworden war; ins Visier nahm er jene "literary critics, philosophers and self-styled postmodern thinkers", für die "Amerika" nur in negativer Konnotation Bedeutung haben konnte, als Symbol "for that which is grotesque, obscene, monstrous, stultifying, stunted, leveling, deadening, deracinating, deforming, rootless, uncultured and – always in quotation marks – 'free'". Vor allem unter deutschen und französischen Meisterdenkern – "from Hegel to Heidegger … and from Buffon to Baudrillard" – entdeckte Ceaser eine Tendenz, Amerika nicht als Ort oder Land wahrzunehmen: "they have converted it into a concept of philosophy and a trope of literature."1 Dieses derart vorgestellte, symbolische oder "metaphysische" "Amerika" – in Tateinheit mit Begriffsschöpfungen wie "Amerikanismus" oder "Amerikanisierung" – aber liefert in der Sicht Ceasers nur das intellektuelle Material für elaborierten Antiamerikanismus.
Ceasers Attacke war, in der Frontstellung gegen philosophische Traditionen Deutschlands und Frankreichs, konservativ motiviert. Seine patriotische Polemik aber übersah gänzlich, dass "Amerika" nicht nur in der europäischen Zuschreibung, sondern auch in der Selbstdeutung "metaphysisch" aufgeladen wurde – und das nahezu vom Beginn der europäischen Landnahme an: Von John Winthrops (1588–1649) puritanischer Emphase aus dem Jahr 1630 – in Neuengland könne eine "City upon a hill", ein neues Jerusalem, zur Verfügung stehen2 – bis hin zur sozialwissenschaftlichen Modernisierungstheorie des 20. Jahrhunderts, deren ideologische Wurzel die USA als Inkarnation des westlichen Entwicklungsweges sehen wollte,3 erhielten die englischen Siedlungskolonien und die späteren USA einen Rang zugesprochen, der über einen bloßen Ort hinausging. Diese beiden Varianten eines "Amerika", das sich seine Metaphysik selbst eingebrockt hatte, legen zwei Optionen offen, die sich auf einen ersten Blick hin zu widersprechen scheinen: Die "City upon a hill" markiert einen exceptionalism, der in säkularisierter Form zu einer regelrechten Ideologie ausgebildet wurde. Die derart postulierte Singularität Amerikas lieferte ein Deutungsmuster, eine "große Erzählung", in die sich vor allem die vielen "kleinen" Geschichten der Zuwanderung, des ökonomischen Erfolgs und des sozialen Aufstiegs bestens einflechten ließen. Aber der exceptionalism bot kein Modell an, lud nicht zur Nachahmung andernorts ein. Wer teilhaben wollte, musste sich in Amerika auf das Experiment Amerika einlassen. Die Verwandlung Amerikas in ein Modell westlicher Entwicklung aber, die in der sozialwissenschaftlichen Modernisierungstheorie (mit der Konstruktion eines "normalen" Entwicklungspfades) manifest und zur Nachahmung empfohlen wurde, scheint der Singularität zu widersprechen. Tatsächlich jedoch hängen beide Deutungsmuster zusammen: Erst auf der Basis eines Selbstverständnisses von einzigartiger Entwicklung ließ sich (spätestens) seit dem Ende des 19. Jahrhunderts und dann vollends in der Weltpolitik-Konzeption von Woodrow Wilson (1856–1924) jene Zivilisierungsmission entwickeln, die in der Gleichsetzung von Amerika und Demokratie "Amerika" zu einer Universalie werden ließ – Leuchtturm, Maßstab und exportfähiges Modell (mindestens in der demokratischen Grundausstattung) zugleich.
Angedeutet fand sich diese Setzung von "Amerika" als Trend schon bei Alexis de Tocqueville (1805–1859)[]. Tocqueville (auf den zurückzukommen sein wird) griff auch jene semantische Verschiebung auf (und trug wie wenige andere zu ihrer Durchsetzung bei), die erst die Voraussetzung für die "metaphysische" "Füllung" des Begriffs "Amerika" war: die Ineinssetzung von USA und Amerika. Aber wie kam es überhaupt dazu, dass bereits im 19. Jahrhundert der Name eines großen Kontinents zum Synonym für einen Staat auf diesem Kontinent werden konnte? Tatsächlich war noch bis ins 18. Jahrhundert hinein Nordamerika keineswegs beherrschend in der europäischen Wahrnehmung der Neuen Welt gewesen. Im Gegensatz zu den reichen Kolonien im andinen und mittelamerikanischen Raum, an der brasilianischen Küste und in der Karibik waren die englischen und französischen Kolonien an der nordamerikanischen Ostküste und an den Ufern des Sankt-Lorenz-Stroms eher peripher, vor allem ökonomisch nicht besonders erfolgreich und von geringerer Bedeutung für die Mutterländer als die Besitzungen in der Karibik. "Amerika" war im 18. Jahrhundert eher ein Synonym für den Süden des Kontinents. Aber in der "Sattelzeit" zwischen 1750 und 1850 verschiebt sich diese Wahrnehmung – und Tocqueville konnte 1835 von der "Demokratie in Amerika" schreiben und sicher sein, dass seine Leser dabei nicht an Mexiko oder Argentinien dachten. Die Ursache für diesen semantischen Erfolg der USA, für den Alleinvertretungsanspruch auf "Amerika" lag in der politischen Durchsetzung der staatlichen Unabhängigkeit in der Amerikanischen Revolution (Friedensschluss mit Großbritannien 1783). Dieser unerhörte Vorgang einer Staatsgründung aus der antikolonialen Revolte heraus und die schnelle Stabilisierung der amerikanischen Republik zogen die Aufmerksamkeit ruckartig auf das Experiment USA. Hier schien jetzt die Neue Welt ihre fortschrittlichste Ausprägung gefunden zu haben. Der Süden des Kontinents aber akzeptierte in der zweiten Hälfte des 19. Jahrhunderts den von Frankreich aus (mit eigener hegemonialer Absicht) lancierten Begriff "Lateinamerika" – ein Zeichen dafür, dass man das diskursive Ringen um den Begriff "Amerika" im Süden aufgegeben hatte.4 Die Neue Welt war nun semantisch sortiert: Amerika war zum Synonym für die USA geworden, südlich der USA begann Lateinamerika – und Kanadier dürfen seither daran zweifeln, ob sie eigentlich auch "Amerikaner" sind.5
Die Ineinssetzung von USA und "Amerika" und der voranschreitende Bedeutungs- und Machtzugewinn für die USA aber haben dazu geführt, dass "Amerika" tatsächlich einen "status of a pure abstraction" erreicht hat und – zumal im Zeichen der gegenwärtigen Globalisierung – zu einem "object of universal reference" geworden ist.6 Weltweit ist heute keine andere Referenzgröße verfügbar, die so stark das Bewusstsein in allen Teilen der Welt prägt wie das, was sich unter dem Stichwort "Amerika" verhandeln lässt: "People may either love or hate America, but they almost never ignore it."7 Im globalisierten Kommunikationsraum ist damit freilich auch eine Einbahnstraße beschrieben: Es gibt keine amerikanische Sicht auf Deutschland, Schweden oder Äthiopien in der Weise, wie es deutsche, schwedische oder äthiopische Amerikabilder gibt.8
Das aber zwingt auf der Suche nach der Modellfunktion, die Amerika für Europa einnahm und einnimmt, nicht nur zu einer Chronologisierung, sondern auch zu einer Pluralisierung. Die erreichte Abstraktion und die universale Referenz lassen eine Fülle von Deutungsmustern zu: Es gab und gibt viele "Amerikas", und die Möglichkeiten der Rezeption des "Ganzen" oder ausgesuchter "Teile" als Modell (auch als negatives), als Transferangebot sind fast unbegrenzt. Sie finden Grenzen jedenfalls in den Bedingungen des eigenen Landes, kaum aber in der Konstruktion von "Amerika". Die Wahrnehmung der "Amerikas" und die Zuschreibung einer Modellfunktion sind aufeinander bezogen: Weil so viele "Amerikas" bereitstehen, gibt es auch einen sehr großen Fundus an Modellen, die die USA bereithalten. Und weil der weltweite Bedarf an Modellen – zur Nachahmung wie zur Abgrenzung – so hoch ist, gibt es eine solche Fülle an "Amerikas". Aus europäischer Sicht aber ergibt sich noch eine besondere Qualität in der Aneignung "Amerikas": Da es sich für Europäer um einen "Ast am eigenen Stamm"9 handelt, ist die Rezeption und die Nutzung "Amerikas" stets auch mit einer Selbstdeutung Europas verbunden: Die immerwährende europäische Amerika-Konferenz lässt dabei die Nähe – das Gefühl, Varianten im gemeinsamen "Westen" zu bilden – ebenso zu wie den Eindruck der Ferne, der dazu führt, dass Amerika als Kontrast behandelt wird. Im Umgang mit Konvergenz und Divergenz, den beiden prinzipiellen Gesichtspunkten des europäischen Amerika-Diskurses, spielt natürlich auch eine Rolle, dass Europa sehr lange noch für die USA in der Funktion einer Referenzgröße zur Verfügung stand und selbst lange ein Modell abgab – noch weit über die Erlangung der staatlichen Unabhängigkeit hinaus. Tocquevilles berühmtes Buch, das in Amerika einen Trend sah, der unweigerlich auch Europa mit in den Bann ziehen werde, darf nicht vergessen machen, dass die USA noch bis ins frühe 20. Jahrhundert hinein – auch und vor allem in der Selbsteinschätzung seiner Eliten – eine kulturelle Provinz Europas gewesen sind.
Tatsächlich findet sich auf beiden Seiten des Atlantiks seit den Anfängen der wechselseitigen Wahrnehmung – also seit der auf Dauer gestellten europäischen Besiedlung des Kontinents ab dem frühen 17. Jahrhundert – sowohl eine Über- als auch eine Unterschätzung des Gegenübers: Während die amerikanische Selbsteinschätzung zwischen der Emphase ("City upon a hill") und einem kulturellen Unterlegenheitsgefühl schwankt, reicht die Spannweite der europäischen Wahrnehmung von der Einschreibung der Zukunft in das Experiment Amerika bis hin zur Geringschätzung als colonial backwater (mit Aktualisierungen). Wie aber werden aus und in diesem Geflecht aus vielstimmiger Wahrnehmung Modelle herauspräpariert? Wer in Europa braucht aus welchem Grund Modelle aus Amerika? Die Möglichkeiten der Modellfunktion Amerikas können systematisierend unterschieden werden – vier Idealtypen lassen sich bilden:
1. "Amerika" als Versatzstück einer Sozialtheorie. Dieses "Amerika" hat einen extrem hohen Abstraktionsgrad, und jene, die es nutzen und brauchen, verfügen nicht notwendigerweise über unmittelbare Anschauung.
2. "Amerika" als Realität für Reisende, die ihr europäisches Publikum vom "Wesen" Amerikas oder auch nur einzelner Teile davon unterrichten und dabei fast zwangsläufig Aussagen über den Unterschied zwischen Europa und Amerika treffen. Diese Aussagen wiederum bilden die "Vorstufe" für ein explizites und implizites Modellieren des fremden Landes.
3. Amerika als "erfundenes" Land – nicht im Sinn eines Utopos, wohl aber im Sinn einer Aufladung, die deutlicher als im Fall der Reiseberichte auf ein kulturkritisch-zeitdiagnostisches Motiv in Europa schließen lässt. Das "erfundene" Amerika hat Konjunktur, wenn Europa sich in der Krise wähnt. Einem Europa in beschleunigter Bewegung erscheint "Amerika" dann auch nicht mehr als Platz, sondern als Prozess.
4. "Amerika" als Motor und Trendsetter transnationaler Veränderungen. Die seit dem frühen 20. Jahrhundert vielbeschworene Amerikanisierung Europas – der Welt – steht in einem komplizierten Verhältnis zur Vorstellung Amerikas als Modell. Mit dem Begriff der Amerikanisierung war "Amerika" endgültig nicht nur als Prozess markiert, sondern auch als ein Ereignis, das nationale Grenzen überschreitet und als Lebensform daherkommt – emanzipiert von einem Platz und deshalb übertragbar. Dort, wo eine solche reale oder imaginierte Amerikanisierung als unerwünscht oder gar als Bedrohung empfunden wurde, hatte Amerika als (positives) Modell schon ausgespielt. Aber auch dort, wo die Amerikanisierung mit Gleichmut oder Beifall aufgenommen wurde, schien sie kein Modell anzubieten. Das Modell "Amerika" evoziert eine Chance für den Rezipienten, sich zu entscheiden: Lerne ich von "Amerika", lerne ich durch die bewusste Abkehr von "Amerika", oder verhalte ich mich indifferent? Die Amerikanisierung aber scheint eben diese Wahl nicht zuzulassen, sie überwältigt vielmehr als eine Art Naturkraft der Moderne. Freilich: Keine Amerikanisierung ohne bereitliegende Deutungsmuster Amerikas. Amerikanisierung wird dechiffriert auf der Basis vorangehender Einstellungen zu ganz bestimmten Mustern von "Amerika" – und der Verlauf von Veränderungen in der eigenen Lebenswelt, der als Amerikanisierung begriffen wird, wirkt dann natürlich stark auf die Wahrnehmung der USA zurück. Entscheidend in diesem Zusammenhang ist, dass die Träger der Amerikanisierung selten aus den USA kommen: Die Akteure der Modernisierung in den (west)europäischen Staaten nach den beiden Weltkriegen nutzten freilich Modelle Amerikas (ebenso wie das positive Image der USA), um Rationalisierung, Technisierung, Konsum, Veränderungen in den Geschlechterverhältnissen etc. durchzusetzen oder zu rechtfertigen. Sie – und nicht die fernen USA – waren dann auch stets das Ziel- und Hassobjekt des Antiamerikanismus.
Diese vier Muster einer Verwendung von "Amerika" als Modell lassen sich aber auch noch zusätzlich gewichten: Amerika kann in allen Fällen als Land des Fortschritts und der Zukunft präsentiert werden – ebenso aber auch als ein Nachzügler und eine Provinz Europas. Diese beiden Deutungsmuster wiederum funktionieren in zwei Varianten: Sie können jeweils als positiv oder negativ konnotiert erscheinen. Wer in den USA die Inkarnation des Fortschritts sehen wollte, musste das nicht notwendigerweise zur Nachahmung empfehlen; wer andererseits in "Amerika" eher einen rohen, archaischen Ausläufer Europas sah, konnte darin auch eine Chance zur Revitalisierung der alten Welt erblicken.10
Im Folgenden werden diese vier Typen der Präparierung "Amerikas" als Modell an ausgewählten Beispielen explizit gemacht. Ein Vollständigkeit anstrebender Katalog der Modelle ist nicht beabsichtigt – eher geht es um einen systematisierenden Überblick, der darauf abzielt, diese vier skizzierten Muster so deutlich zu analysieren, dass die unzähligen Modelle auf ebenjene Grundtypen zurückgeführt werden können. Im Durchgang der vier Typen ergibt sich auch eine Chronologie: Der Weg von der Abstraktion in der Sozialtheorie bis hin zur Debatte um Amerikanisierung reicht vom 17. Jahrhundert bis in die Gegenwart.
Locke und Hegel: "Amerika" ohne Anschauung
John Lockes (1632–1704)[] berühmter Satz aus dem 1690 veröffentlichten Second Treatise of Government "In the beginning all the world was America",11 markiert den Anfang der Karriere Amerikas in der europäischen Sozialtheorie. Locke formulierte diesen Satz im Zusammenhang seiner naturrechtlichen Vertragstheorie. Indem er Amerika als Modell (als Realtyp) des Naturzustandes beschrieb, begann er mit der Instrumentalisierung Amerikas zugunsten der Selbstdeutung Europas. "Was ihn nach Amerika blicken lässt, ist sein Interesse an europäischen Verhältnissen – und der Versuch, diese im Lichte des amerikanischen Neubeginns zu beschreiben."12 Gewiss war Locke mit einem solchen Satz auch daran gelegen, eine gewissermaßen optimale Startposition fuer die Besiedelung des Terrains zu formulieren.13 Dieser Werbeeffekt aber war bestenfalls nebensächlich, denn Locke beschrieb natürlich einen nur theoretisch bestimmbaren, idealen Moment, der sich im Augenblick der Einführung von Geldwirtschaft verflüchtigen musste.14 Dass die Zukunft der englischen Kolonien in Nordamerika eben von dieser Geldwirtschaft und der Anbindung an die Oekonomie des Mutterlandes abhing, dürfte Locke nicht entgangen sein. "Amerika" war in der Präsentation von Locke also bestenfalls ein Modell in der Naturrechtstheorie – in der Praxis bot Europa das Modell für Amerika, in dem Moment, in dem sich Amerika aus dem Zustand des "Anbeginns" entfernte – und diese Entfernung war das Ergebnis der europäischen Besiedlung. Festgeschrieben war damit aber nicht nur die Abhängigkeit Amerikas von Europa, sondern auch der gesellschaftliche Rückstand: Aus einer solchen Perspektive heraus entstand dann auch das in der Geschichtswissenschaft lange vorherrschende Bild der englischen Kolonialgesellschaft als bloßer Simplifizierung der Verhältnisse im Mutterland.
Diese Vorstellung einer ursprünglichen Amerika-Konstellation hat dann unter dem Einfluss sowohl der darwinschen Evolutionstheorie als auch des (davon zu unterscheidenden) Sozialdarwinismus am Ende des 19. Jahrhunderts eine Aktualisierung erfahren: Für den Engländer Herbert Spencer (1820–1903) bot Amerika tatsächlich das Beispiel einer nachgeholten (und beschleunigten) Evolution mit signifikanten Stadien von der ursprünglichen "Simplifizierung" der ersten Siedler über die wachsende Komplexität der Landwirtschaft bis hin zu Industrialisierung und Urbanisierung.15 Auch der amerikanische Historiker Frederick Jackson Turner (1861–1932) hat in seiner 1893 vorgetragenen Deutung der frontier als Ur-Szene Amerikas auf diese Vorstellung einer "natürlichen" sozialen Evolution rekurriert,16 Lockes Modell "amerikanisiert" und damit eine ungemein erfolgreiche Deutung nicht nur der voranschreitenden Besiedlungsgrenze vorgelegt, sondern auch Geschichtswissenschaft als Zeitdiagnose etabliert: Ausgangspunkt von Turners These war das Verschwinden der frontier am Ende des 19. Jahrhunderts, als die amerikanische Zensusbehörde gewissermaßen offiziell den Staatsraum für besiedelt erklärte.
Ähnlich wie Locke deutete Georg Wilhelm Friedrich Hegel (1770–1831)[] rund 130 Jahre später Amerika noch immer in deutlicher Abhängigkeit von der europäischen Entwicklung: "Was in Amerika geschieht, geht von Europa aus. … Was sich bis jetzt hier ereignet, ist nur der Widerhall der Alten Welt."17 Gleichwohl sah Hegel in Amerika – auch in expliziter Absetzung vom nur "eroberten", aber nicht "kolonisierten" Südamerika18 – das "Land der Zukunft". In dieser Formulierung verbirgt sich zunächst einmal nicht, wie später bei Tocqueville, die Prophezeiung einer führenden Rolle der USA. Eher rekurrierte Hegel hier auf einen Entwicklungsrückstand, den Amerika im frühen 19. Jahrhundert zu den europäischen Nationen noch aufwies: Amerika befand sich im Denken Hegels in einem "bürgerlichen Zustand", dessen Charakteristikum darin bestand, dass der "allgemeine Zweck" des Politischen "noch nicht als etwas Festes für sich gesetzt" ist, da "ein wirklicher Staat und eine wirkliche Staatsregierung" aus Hegels Perspektive fehlten. Die relative Egalität der amerikanischen Gesellschaft und die Chance der Westwanderung würden einen Staat einstweilen überflüssig erscheinen lassen. Er werde erst dann entstehen, "wenn bereits ein Unterschied der Stände da ist, wenn Reichtum und Armut sehr groß werden".19 "Amerika" war für Hegel Zukunft also nur im Sinn eines "Vertagungsantrags". Allerdings gab Hegel schon auch einen Hinweis auf die Modellfunktion, die Amerika für Europa habe, und diese Funktion reichte weit über Lockes Naturrechtsfolie hinaus – Hegel sah Amerika als Auffangbecken für Europas "Überfluss" an Bevölkerung:
Ungefähr, wie aus den Reichsstädten, wo das Gewerbe vorherrschend war und sich versteinerte, viele in andere Städte entflohen, die einen solchen Zwang nicht hatten und wo die Last der Abgaben nicht so schwer war. So entstand neben Hamburg Altona, neben Frankfurt Offenbach, Fürth bei Nürnberg ... In gleicher Weise verhält sich Nordamerika zu Europa.20
In dieser Einschätzung "Amerikas" verbirgt sich nicht, wie gelegentlich argumentiert wird, eine Geringschätzung Amerikas als "Peripherie"21 oder gar eine "vehemente Amerika-Kritik".22 Vielmehr beschrieb Hegel – mit ziemlich präziser Kenntnis deutscher Stadtverhältnisse – einen komparativen Vorteil Amerikas. So wie Offenbach schon früh im 19. Jahrhundert Gewerbefreiheit als hessische "Landesindustriestadt" etablieren konnte und von daher den verzopften Zuständen in der Freien Stadt Frankfurt für ein paar Jahrzehnte den gewerbepolitischen Rang ablaufen (und tüchtige Unternehmer anziehen) konnte,23 so verhielt sich offenbar auch Amerika gegenüber Europa in den Augen Hegels, jedenfalls kalkulierte er diese Möglichkeit ein: Amerika war eben nicht nur eine abhängige Peripherie, sondern ein von Tradition und hergebrachten Blockaden unbeschadeter, freier Entwicklungsraum. Offenbach zu Frankfurt und Amerika zu Europa: Das beschrieb aus der Perspektive der Auflösung der deutschen ständischen Gesellschaft im frühen 19. Jahrhundert die Chance zum Avancement, wenn nicht gar die Aussicht auf Überholung.
Tocqueville und die deutschen Liberalen: Das Problem der Übertragbarkeit
Im Unterschied zu Locke war Hegel immerhin schon ein Zeitgenosse der unabhängigen amerikanischen Republik. Auch wenn ihm die Staatwerdung dieser Republik noch nicht gesichert schien, so war ihm doch das "perennierende Beispiel einer republikanischen Verfassung"24 bewusst. Aus dem kolonialen Nordamerika ließ sich bestenfalls ein naturrechtliches Argument als Modell schmieden. Jetzt aber, nach der Amerikanischen Revolution, der bestätigten Unabhängigkeit der USA und der amerikanischen Verfassungsgebung stand etwas mehr als Lernmaterial zur Verfügung. Aber Hegel lässt eine Geringschätzung nicht Amerikas, wohl aber der Amerikanischen Revolution schon zu: Während ihn die Bedeutung der Französischen Revolution in ihren Auswirkungen nicht nur auf Deutschland denkbar deutlich beschäftigt,25 findet eine Amerikanische Revolution bei Hegel gar nicht statt. Die Hörer seiner Vorlesung über die "Philosophie der Weltgeschichte" mussten im Unklaren darüber bleiben, warum es überhaupt zur Nationalstaatsgründung der USA kam. Hegel bietet damit ein signifikantes Beispiel für das, was Hannah Arendt (1906–1975) in ihrem Buch Über die Revolution (1963, deutsch 1965) die "eigentümliche Folgenlosigkeit der Amerikanischen Revolution für den Gang der modernen Revolutionen" genannt hat.26 Während die Französische Revolution "Weltgeschichte gemacht" habe, sei die Amerikanische Revolution "über eine gleichsam lokale Bedeutung kaum hinausgekommen".27 Gerade das, was für Arendt die Voraussetzung des Erfolgs der Amerikanischen Revolution im Sinn der eher geradlinig verlaufenden Herausbildung eines Staates und der Stabilisierung von Freiheit bildete, habe die Revolution, zumal in der europäischen Wahrnehmung, eher in den Hintergrund treten lassen: Die Amerikanische Revolution sei eine genuin politische Revolution gewesen, die – in Arendts aristotelisch inspirierter Deutung28 einer sorgfältigen Trennung des gesellschaftlichen vom politischen Raum – deshalb gelang, weil die soziale Frage in den zur Unabhängigkeit strebenden Kolonien keine große Rolle gespielt habe. Die Französische Revolution aber habe sich eben aus der sozialen Frage gespeist, und gerade darin habe dann nicht nur das Problem dieser Revolution, sondern auch ihre welthistorische Kraft gelegen.
Tatsächlich haben beide Revolutionen von ihren Protagonisten die welthistorische Mission eingeschrieben bekommen: Im Falle der Amerikanischen Revolution war es Thomas Paine (1737–1809), der in seinem Buch Common Sense (1776) schrieb: "The cause of America is in a great measure the cause of all mankind."29 Paine sah später den Zusammenhang der beiden Revolutionen (und arbeitete für beide), aber der englische Politiker und Publizist Edmund Burke (1729–1797), der die Amerikanische Revolution unterstützt hatte und die Französische Revolution ablehnte, sah keineswegs einen gemeinsamen "atlantischen" Prozess der demokratischen Revolutionen. Für Burke war die Amerikanische Revolution die "legitime Tochter der Glorreichen Revolution" in England 1688 – insofern als sie die wohlverstandenen Rechte der freeborn Englishmen gegen das Parlament verteidigte, das im Fall der Behandlung der Kolonisten "vergessen" hatte, was seine Stärke in England ausmachte: keine Besteuerung ohne Mitsprache durch Repräsentation. Die Amerikanische Revolution hatte in den Augen Burkes also keine umstürzlerische, neuschaffende, sondern eher eine bestätigende und bewahrende Funktion.30 Für Burke konnte "Amerika" nur Modell sein, insofern es half, das eigentliche Modell englischer Freiheit (latent) zu universalisieren. Taugt zum Modell, was eine europäische Entwicklung gewissermaßen nur nachholte und bestätigte?
Tatsächlich gewann Amerika an Interesse für die europäische Entwicklung nur dann, wenn man dem amerikanischen Experiment mehr zugestand als nur eine Art Sicherstellung hergebrachter Freiheiten. Von daher kam es nicht von ungefähr, dass ein Franzose, der liberale Aristokrat Alexis de Tocqueville, vor dem Hintergrund der perennierenden Revolutionserfahrungen seines eigenen Landes die demokratische Qualität der USA als Neuheit und als Prozess begriff. Sein großes und klassisch gewordenes Werk Über die Demokratie in Amerika (zwei Bände 1835/1840) war die Frucht einer neuneinhalbmonatigen Reise in den Jahren 1831/1832, die ihn quer durch das damalige Staatsgebiet der USA geführt hatte. Tocqueville war überzeugt davon, dass ein demokratisches Zeitalter angebrochen war und die amerikanischen Zustände den Europäern folglich einen Blick in eine gemeinsame Zukunft eröffnen würden:
Ich zweifele nicht daran, dass wir, wie die Amerikaner, früher oder später zu fast völliger Gleichheit gelangen werden. … Ich wollte dort lernen, was uns zum Nutzen gereichen könnte.31
Jetzt, mit Tocqueville, war Amerika wirklich zum Modell geworden – nicht im Sinn der unmittelbaren Übertragung von Institutionen oder Sitten nach Europa, wohl aber im Sinn eines Studienobjekts, anhand dessen der Trend der eigenen europäischen Entwicklung besser verstanden werden kann. Wenn mit Recht gesagt worden ist, dass Tocquevilles Buch auch deshalb zu einem Klassiker der amerikanischen politischen Theorie (dem einzigen Klassiker neben den Federalist Papers) geworden ist, weil Tocqueville bis heute den unterschiedlichen politischen Lagern (üblicherweise: conservatives und liberals) Gelegenheit zum Konsens in der Verständigung auf die Einsichten seines Buches gibt,32 so lässt sich anschließen, dass Tocquevilles Buch auch und vor allem deshalb zu dem Klassiker der europäischen Amerika-Rezeption geworden ist, weil das Buch eine sorgfältige Balance hält: Tocqueville kennt das Amerika, über das er schreibt,33 er kennt aber auch das europäische Interesse an Amerika, das er zunächst zu bedienen hat. In Europa und in Amerika als geradezu populärer Klassiker des Amerika-Begreifens rezipiert zu werden, ist außer Tocqueville niemandem gelungen.
Was Tocqueville vor allem interessierte, war die Frage, wie eine auf Gleichheit und Freiheit basierende demokratische Ordnung eigentlich stabil gehalten werden kann. Aus dem offenbaren Gelingen der Demokratie in Amerika zog er den Schluss, dass nicht die Demokratie an sich, sondern der Übergang zur Demokratie die Stabilität gefährde. Einen solchen Übergang hatte Amerika nicht erfahren, weil die Demokratie hier schon immer gegeben war. Das "Neue" der Freiheit ließ hingegen in Europa eine Dynamik zu, die Freiheit dann auch gefährden könne. Mit dieser zentralen Erkenntnis hatte Tocqueville die Aufmerksamkeit zu Recht auf die gesellschaftlichen und historischen Bedingungen von Demokratie und Freiheit gelenkt. Die Frage nach der Übertragbarkeit des amerikanischen Modells war damit schon (fast) beantwortet: Nicht um die Übernahme amerikanischer Institutionen oder Sitten ging es Tocqueville, sondern um eine vergleichende Perspektive, die über mögliche nationale Ausprägungen (und Blockaden) universaler (westlicher) Tendenzen Auskunft gibt.
Für die liberalen Zeitgenossen Tocquevilles in Deutschland blieb das Beispiel der USA (das sie in aller Regel nicht aus eigener Anschauung kannten) eine, wie Carl von Rotteck (1775–1840) es formulierte, "reine Theorie, welcher sich in Europa so feindselig das historische Recht entgegenstellt".34 Das Beispiel der amerikanischen Verfassung spielte in den Debatten der vormärzlichen Liberalen und dann in der Paulskirche 1848/1849 eine Rolle als Steinbruch. Mehr als das war nicht möglich, denn die "Grundvoraussetzungen für eine Vorbildfunktion amerikanischer Verfassungsvorstellungen"35 waren in den deutschen Zuständen des Vormärz nicht gegeben. Der Monarch hatte einen unverrückbaren Platz im verfassungspolitischen Denken der Liberalen, und diese Prämisse schloss eine Orientierung am Modell der amerikanischen Verfassung weitgehend aus.36
Max Weber und James Bryce: Die "Erfindung" und die "Entdeckung" Amerikas am Ende des 19. Jahrhunderts
Wie groß das Interesse europäischer Gesellschaften an "Amerika" im 19. Jahrhundert überhaupt war, ist schwer zu ermessen. Gewisse Konjunkturen aber sind erkennbar: Vor allem im letzten Jahrzehnt des 19. Jahrhunderts nahm das Interesse an den USA stark zu. Eine Reihe von Ursachen war dafür verantwortlich. Die USA traten nun, nicht nur aufgrund der gewachsenen ökonomischen Bedeutung, sondern auch spätestens seit der militärischen Auseinandersetzung mit Spanien 1898 und der Beteiligung am "okzidentalen" Phänomen des Imperialismus, stärker ins Blickfeld einer weltpolitisch interessierten europäischen Öffentlichkeit. Aber das Interesse einer neuen Generation an Amerika-Beobachtern wurde nicht nur durch die gewachsene Bedeutung der USA hervorgerufen, sondern auch durch eine bestimmte Krisenstimmung in Europa. Diese Krisenstimmung war nicht nur das Ergebnis der Einsicht, "dass Europa nicht mehr der Mittelpunkt der Weltgeschichte war",37 sie war vielmehr – vor allem für das meinungsmachende Bürgertum – das Ergebnis vielfältiger Verunsicherung durch die Auflösung älterer Wertbindungen (Religion), die Bestreitung der politischen Macht des Liberalismus durch die neuen Massenbewegungen des Sozialismus und des politischen Katholizismus und vieles andere mehr.38
Ein zentraler Repräsentant dieses Krisengefühls war Max Weber (1864–1920)[], für den die Erstarrung der europäischen bürgerlichen Welt in Begriffen wie Bürokratisierung, Rationalisierung und Entpersönlichung durch die Reduzierung auf Berufs- und Fachmenschentum zu beschreiben war. Webers "Amerika" beruhte auf eigener Anschauung: Er hatte 1904 eine mehrmonatige Reise durch die USA angetreten, ausgelöst durch eine Einladung zu einem wissenschaftlichen Kongress anlässlich der Weltausstellung in Saint Louis 1904. Ein Amerika-Buch schrieb Weber nicht, jedoch hatte schon seine religionssoziologische Arbeit über die protestantische Ethik ein Interesse für die Besonderheiten der amerikanischen Religion erkennen lassen, und die Verweise auf amerikanische Zustände, auch im Feld der Politik, sind in Webers unabgeschlossenem Werk über "Wirtschaft und Gesellschaft" so zahlreich, dass eine Funktion "Amerikas" in Webers Denken unschwer erkennbar wird. Amerika faszinierte ihn – Weber dachte darüber nach, ob die besondere Bewährungssituation des amerikanischen Protestanten und vor allem die freiheitlichen Lebensführungsideale (die hohe Bedeutung der protestantischen Sekten "und ihre[r] säkularen Derivat[e] wie Clubs und andere[r] freiwillige[r] Vereinigungen")39 tatsächlich einen alternativen Weg in die Moderne zuließen, einen, der nicht ins "Gehäus der Hörigkeit" führe. In einem Brief an den protestantischen Theologen Adolf von Harnack (1851–1930) schrieb Weber über die historische Leistung des Puritanismus:
Wir dürfen doch nicht vergessen, dass wir den Sekten Dinge verdanken, die niemand von uns heute missen könnte, Gewissensfreiheit und die elementarsten Menschenrechte, die uns heute selbstverständlicher Besitz sind. Nur radikaler Idealismus konnte das schaffen.40
Hierin wurzelte für Weber auch die Chance des persönlichen Charismas und einer ständigen Vitalisierung von Freiheit mit allen Folgen für die unterschiedlichsten Bereiche der Gesellschaft – eine Vitalisierung, die er im deutschen, staatskirchlich organisierten Luthertum kaum finden konnte.
Gleichwohl blieb Webers Amerika-Hoffnung ambivalent. Ungeachtet der Reservatrechte, die Freiheit in den USA zu genießen schien, sah Weber auch Amerika über kurz oder lang auf dem Weg, den die europäischen Gesellschaften schon eingeschlagen hatten und der für Weber als "okzidentaler Rationalismus" eine wachsende Bedrohung der Freiheit mit sich führen musste. In mancher Hinsicht reproduzierte Weber hier das ältere Muster eines Bildes von "Amerika", das noch nicht den Entwicklungsgrad der (west)europäischen Nationen erreicht hat. Im Gegensatz zu einer kulturkonservativen, kulturpessimistischen Lesart, die eben in jenem Rückstand die "Kulturlosigkeit" Amerikas zu entdecken glaubte, sah Weber in diesem "Rückstand" noch die Möglichkeit zur Bewahrung elementarer Freiheiten, die aber im Prozess der Konvergenz, in der – auch von vielen Amerikanern eher befürchteten – "Europäisierung" verloren zu gehen drohte. Georg Kamphausen (*1955) hat mit Recht geurteilt, dass Weber sein "Amerika" nicht "entdeckt", sondern "erfunden" habe.41 Eine solche Unterscheidung zielt nicht darauf ab, Weber nur oberflächliche Kenntnisse des Landes zu unterstellen. Als "Erfindung" Amerikas lässt sich sein Modell aus zweierlei Motiven kennzeichnen: Zum einen habe Weber "Amerika" als "strategisches Argument" eingesetzt, um seine um den Charisma-Begriff und den Gedanken der Führer-Auslese gruppierte politische Soziologie mit einer "Plausibilisierungsstrategie" abzusichern. Zum anderen – und das lässt sich als Motiv auch für die Amerika-Deutungen einer Reihe von Webers Zeitgenossen vermuten – wird "Amerika" erfunden, um kulturkritisch und zeitdiagnostisch die Situation und die politischen Fehlentwicklungen im eigenen Land bewerten zu können.42
Freilich mag es sich dabei um eine deutsche Besonderheit gehandelt haben. Nicht überall wurde am Ende des 19. Jahrhunderts "Amerika" aus zeitdiagnostischer Perspektive "erfunden". Der englische Historiker und Politiker James Bryce (1838–1922)[], der 1888 eine zweibändige, später mehrfach in Neuauflagen ergänzte und überarbeitete Studie über das "American Commonwealth" vorlegte, schrieb ungleich weniger "nervös" über seinen Gegenstand regelrechter "Entdeckung". Bryces Werk, das damals auch in amerikanischen Ausgaben erschien und seinen Autor in der englischsprachigen Welt als zentralen zeitgenössischen Interpreten Amerikas etablierte, versuchte recht umstandslos den Faden von Tocqueville weiterzuspinnen, wobei sich der Autor aber auf die Institutionen – vom Präsidenten bis zu den Stadtverwaltungen – beschränkte und Aussagen zu "Sitten", zum Habitus der Amerikaner bestenfalls beiläufig einflocht.43 Auch Bryce erschien Amerika als Modell, aber ihm war nicht an einem kritischen Maßstab für die eigene Gesellschaft gelegen. Vielmehr entschied er sich für die Tocqueville'sche Perspektive der USA als einer bereits fortgeschrittenen Nation, die den anderen, europäischen Nationen die Zukunft zeige:
something more than an experiment, for they are believed to disclose and display the type of institutions towards which, as by a law of fate, the rest of civilized mankind are forced to move, some with swifter, others with slower, but all with unresting feet.44
Den Transfer von Institutionen und Ideen über den Atlantik sah Bryce differenziert und nicht ohne Einsicht in die gesellschaftlichen und historischen Voraussetzungen:
Many an American institution would bear different fruit if transplanted to England, as there is hardly an English institution which has not undergone, like the plants and animals of the Old World, some change in America. The examination and appraisement of the institutions of the United States is no doubt full of instruction for Europe, full of encouragement, full of warning; but its chief value lies in what may be called the laws of political biology which it reveals ... Now and then we may directly claim transatlantic experience as accrediting or discrediting some specific constitutional device or the policy of some enactment. But even in these cases he who desires to rely on the results shown in America must first satisfy himself that there is such a parity of conditions and surroundings in respect to the particular matter as justifies him in reasoning directly from ascertained results there to probable results in his own country.45
In einem imaginären Dialog mit Weber hätten sich beide sicher auf den Begriff fate verständigen können, aber davon abgesehen unterscheiden sich beide Amerika-Modelle diametral: Weber sieht fate in Europa zuhause und rechnet damit, dass Amerika sich in the long run nicht wird entziehen können, Bryce hingegen sieht einen Vorsprung Amerikas und Europa als Nachzügler (mit unterschiedlichen Geschwindigkeiten). Bryce ist auf Institutionen orientiert und von daher an den Möglichkeiten des Transfers interessiert, Weber hingegen denkt gar nicht über den Transfer von Institutionen nach, sondern hofft eher auf das Beispiel des (noch) vorhandenen Freiheitsspielraums in den USA. Man mag Weber als Pessimisten und Bryce als Optimisten bezeichnen. Bryce argumentiert natürlich vor dem Hintergrund der besonderen Beziehung zwischen England und den USA und ebenso mit dem ganzen Selbstbewusstsein eines Briten, dessen Commonwealth sich nicht vor den USA verstecken muss. Weber aber kann nicht auf ein solches "nationales" Selbstbewusstsein zurückgreifen.
"Amerikanisierung" im 20. Jahrhundert und die Grenzen des Modells
Als Weber und Bryce über "Amerika" nachdachten und schrieben, schien eine säuberliche Trennung zwischen Europa und Amerika noch möglich. Nur was getrennt war, konnte in eine Beziehung zueinander gesetzt werden, nur aus der Distanz ließ sich über Modelle reden. An der Wende vom 19. zum 20. Jahrhundert aber kam bereits jener Begriff auf, der ebenjene Distanz in Frage zu stellen schien: 1902 veröffentlichte der britische Journalist William Thomas Stead (1849–1912)[] sein Buch The Americanization of the World, or the Trend of the 20th Century, das noch im selben Jahr auch in deutscher und französischer Übersetzung erschien.46 Damit war ein Begriff in der Welt, der "Amerika" primär nicht als Modell, sondern als Trend anbot – aber auf andere Weise, als Tocqueville es sehen wollte: Amerika war jetzt nicht mehr ein Vorläufer, aus dessen Entwicklung man die eigene Zukunft ahnen konnte – zum eigenen Vorteil, mit der Chance des Nachzüglers auf Vermeidung von "Fehlern". "Amerikanisierung" meinte etwas anderes: die rasche Herstellung einer "Gleichzeitigkeit", wenn nicht in der "Welt", so doch in den Zonen des amerikanischen Einflusses, vor allem in Europa. Das Ideal solcher "Gleichzeitigkeit" meinte keineswegs eine Angleichung an die USA, wohl aber eine hohe Rezeptionsbereitschaft.
"Amerikanisierung" handelte dabei zunächst, im frühen 20. Jahrhundert, kaum vom Transfer politischer Ideen und Institutionen, sondern betraf die Leistungs- und Exportfähigkeit der amerikanischen Industrie. Stead zitierte in seinem Buch aus dem Artikel eines Journalisten-Kollegen:
The average man [in England] rises in the morning from his New England sheets, he shaves with 'Williams' soap and a Yankee razor, pulls on his Boston boots over his socks from North Carolina, fastens his Connecticut braces, slips his Waltham or Waterbury watch in his pocket, and sits down to breakfast. There he congratulates his wife on the way her Illinois straight-front corset sets off her Massachusetts blouse, and he tackles his breakfast, where he eats bread made from prairie flour … tinned oysters from Baltimore and a little Kansas City bacon, while his wife plays with a slice of Chicago ox-tongue.47
Auch wenn der Begriff "Amerikanisierung" – vor allem in den USA selbst – immer auch die Homogenisierung der ethnisch hoch fragmentierten eigenen Staatsbevölkerung meinte,48 so markierte er außerhalb der USA schnell einen Zustand, der nicht mehr nach Konvergenz oder Divergenz zu sortieren war, sondern nach Überwältigung und Hingabe an die amerikanische Warenwirtschaft. "Amerikanisierung" löste im europäischen Diskurs – spätestens nach dem Ende des Ersten Weltkriegs – wahlweise ein Unterlegenheitsgefühl oder eine Beschwörung der "Restüberlegenheit" aus.49
Der erste große Schub der "Amerikanisierung" – über den Export von Waren und die Reflexionen auf der Begriffsebene hinaus – kam mit dem Ende des Ersten Weltkriegs und der wirtschaftlichen Schwächung nahezu aller europäischen Staaten. Die erfolgreiche amerikanische Ökonomie schien eine Fülle an Modellen bereitzuhalten, mit denen eine Revitalisierung der europäischen Wirtschaft und ein Aufschließen zur amerikanischen Konkurrenz möglich wären. Der italienische Marxist Antonio Gramsci (1891–1937) dachte in seinen in den Jahren zwischen 1929 und 1935 entstandenen Gefängnisheften über die kohärente Basis des "Amerikanismus" nach – und er fand sie nicht nur im Syndrom des Taylorismus und Fordismus, sondern auch und vor allem in einer "rationalen demographischen Zusammensetzung", die darin bestehe, "daß keine zahlenmäßig starken Klassen existieren ohne wesentliche Funktion in der Welt der Produktion, das heißt absolut parasitäre Klassen".50 Damit war von Gramsci auch schon ein wesentlicher Unterschied zu Europa markiert, in dem es zu viele "Pensionäre der Wirtschaftsgeschichte" gebe, die vom "Erbe der Ahnen lebe[n]".51 Gramsci war dabei alles andere als "anti-amerikanisch" eingestellt; Amerika erschien ihm – wie es zuvor auch Karl Marx (1818–1883) und Friedrich Engels (1820–1895) erschienen war52 – als avancierteste kapitalistische Gesellschaft, die den europäischen Gesellschaften die Richtung wies. Für Gramsci blieb dabei offen, ob Amerika mit seiner realen ökonomischen Macht Europa tatsächlich zu einer Veränderung seines sozialökonomischen Systems zwingen könne oder ob das, was nach Überwältigung aussehe, nicht einfach nur eine etwas langsamer verlaufende, aber genuin europäische Systemveränderung darstelle.53 In jedem Fall aber bot der "Amerikanismus" eine Kraft an, die bei der Modernisierung der von Gramsci als rückständig empfundenen, vorindustriellen Verhältnisse Italiens helfen könne: Erst in einer "amerikanisierten" Gesellschaft könne sich auch die Arbeiterklasse bessere Bedingungen für ihren Aufstieg erkämpfen.54
Was freilich, nicht nur bei Gramsci, unter den Stichworten Taylorism und Fordism diskutiert wurde – also scientific management und die Techniken arbeitsteiliger Massenproduktion –, kam selten über den Diskursraum hinaus, da "die strukturellen Vorbedingungen für eine durchgreifende Amerikanisierung als Modernisierung im Bereich von Industriewirtschaft und Arbeitsorganisation in den zwanziger Jahren nicht in ausreichendem Maß gegeben waren, weshalb das amerikanische Beispiel als Vorbild nur ein begrenzte Reichweite hatte".55 Leichter als die Adaption von Modellen der Arbeitsorganisation und der Unternehmensführung fiel der Konsum von Produkten der Massenkultur (Film).56
Freilich gelang in den Jahren nach der Großen Depression – und dann beschleunigt nach dem Zweiten Weltkrieg – die Anpassung der europäischen Wirtschaft an amerikanische Standards, aber der Transfer von Modellen verlief dabei stets als Einbau: Die Selbstbedienung im Lebensmitteleinzelhandel wurde 1912 in den USA erprobt und 1938 nach amerikanischem Beispiel in Deutschland eingeführt, wo sie nach dem Zweiten Weltkrieg dann zusammen mit der – gleichfalls von den USA übernommenen – Herausbildung von Kettenläden allmählich zur Norm wurde.57 Aber solche Veränderungen vollzogen sich im Rahmen der "sozialen Marktwirtschaft", die nicht das Ergebnis einer Orientierung am amerikanischen Beispiel war, sondern in ihrer Mischung aus Marktorientierung und Staatsintervention eine Modernisierung der deutschen Tradition des Korporatismus darstellte.
Mit dem weltweiten Konflikt zwischen Demokratie und Diktatur und dem Zweiten Weltkrieg aber hatte sich "Amerika" als Modell und Transferinstanz noch auf andere Weise zu bewähren. Das berühmte Diktum vom American Century, das Henry Robinson Luce (1898–1967) 1941 in einem Essay in der Zeitschrift Life prägte, hob nicht ab auf Konsum und Kino: Im Vordergrund stand für Luce die universalisierbare Tendenz zum Verfassungsstaat und zur Demokratie (die ihm freilich untrennbar verbunden schien mit der kapitalistischen Wirtschaftsordnung).58 Solange – zumal in Deutschland – Demokratie als Praxis noch nicht selbstverständlich war, beschrieb "Amerikanisierung" zweierlei: "Demokratie plus Massenkultur".59 Erst seit dem Selbstverständlichwerden der Demokratie (und der "Verwestlichung") Deutschlands reduzierte sich die Formel "Amerikanisierung" erneut – wie schon in den ersten Jahrzehnten des 20. Jahrhunderts – auf Vorgänge im Feld der Massenkultur und der Ökonomie.
Nach dem Zweiten Weltkrieg war "Amerikanisierung" zudem eine Begleiterscheinung der ökonomischen und weltpolitischen Hegemonie der USA.60 Deutschland war – wie auch andere nord- und westeuropäische Staaten – in der zweiten Hälfte des 20. Jahrhunderts lernbereit und "aufnahmefähig" – gleichwohl nur insoweit, als die amerikanischen Modelle sich als einbaufähig erwiesen. Rottecks Satz über den Widerspruch zwischen der "Theorie" und dem historischen Recht kann immer noch Geltung beanspruchen und verweist deutlich auf die Grenzen des Modells Amerika, insoweit man darunter ein Arsenal an potentiell übertragbaren Institutionen und Ideen sehen wollte. Das "historische Recht" wird heute als "Pfadabhängigkeit"61 charakterisiert: Übernommen und gelernt vom Beispiel anderer Staaten und Gesellschaften wird – bestenfalls – in der Adaption an den eigenen Traditionsbestand und Entwicklungsweg. Das schließt nicht von vornherein ein Interesse an fremden Modellen aus – sie können allemal dazu nutzen, einen (gedanklichen) Spielraum zu markieren und das Bestehende (und Reformbedürftige) unter Rechtfertigungszwang zu setzen.62 Solche Modelle helfen im Erstreiten eines Spielraums für gesellschaftliche Veränderungen, und nicht weniges, was gemeinhin, vor allem seit 1945, unter der Überschrift "Amerikanisierung" debattiert worden ist, hatte eine solche Funktion.63 Eine Übertragung aber stieß dann schnell auf das Problem der Pfadabhängigkeit – und die europäischen Gesellschaften, die noch nicht einmal einem gemeinsamen "Pfad" folgen und sich von Amerika gewissermaßen einzeln unterscheiden, enthalten darum auch in der gegenwärtigen Hoch-Zeit der Globalisierung weniger "Amerika", als es Euphoriker wie Gegner der "Amerikanisierung" wahrhaben wollen.
Anhang
Quellen
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Anmerkungen
- ^ Ceaser, America 1997, S. 1.
- ^ Vgl. Taylor, Colonies 2001, S. 167f.
- ^ Wehler, Modernisierungstheorie 1975. Das Aktualisierungspotential der Modernisierungstheorie abseits der Schematisierung von Normalweg und Sonderweg betont Mergel, Geht es weiterhin voran? 1997.
- ^ Rinke, Amerika 2008.
- ^ Hoerder, Canada 2005, S. 65–87.
- ^ Ceaser, America 1997, S. 2f.
- ^ Ceaser, America 1997, S. 3.
- ^ Ceaser, America 1997.
- ^ Offe, Selbstbetrachtung 2004, S. 10.
- ^ Offe, Selbstbetrachtung 2004, S. 13.
- ^ Locke, Government 1960, S. 343.
- ^ Kamphausen, Erfindung 2002, S. 146.
- ^ Greene, Construction 1993, S. 52.
- ^ Das vollständige Locke-Zitat lautet: "Thus in the beginning all the World was America, and more so than that is now; for no such thing as money was any where known." (Locke, Government 1960, S. 343).
- ^ Waechter, Erfindung 1995, S. 104.
- ^ Kamphausen, Erfindung 2002, S. 170.
- ^ Hegel, Philosophie der Geschichte 1986, S. 109, 114.
- ^ Hegel, Philosophie der Geschichte 1986, S. 111.
- ^ Hegel, Philosophie der Geschichte 1986, S. 113.
- ^ Hegel, Philosophie der Geschichte 1986, S. 109.
- ^ Kamphausen, Erfindung 2002, S. 151.
- ^ Offe, Selbstbetrachtung 2004, S. 13. Auch die weiteren Ausführungen Hegels rechtfertigen es nicht, ihm zu unterstellen, er habe die Amerikaner als "verwahrloste Halbwüchsige" darstellen wollen und sei daher zu einer "wichtigen Quelle und Berufungsinstanz" des Antiamerikanismus geworden (ebd., S. 14). Hegel unterstrich gerade mit Verweis auf Amerika als Land der Zukunft deutlich die Historizität seiner Darstellung.
- ^ Zur Bedeutung Offenbachs in der Geschichte der Industrialisierung im Rhein-Main-Raum vgl. Gessner, Industrialisierung 1996.
- ^ Hegel, Philosophie der Geschichte 1986, S. 112.
- ^ Vgl. Ritter, Hegel 1965.
- ^ Arendt, Revolution 2000, S. 26. Den natürlich auffindbaren Spuren der Amerikanischen Revolution in der deutschen Publizistik und im politischen Denken gehen Dippel, Germany 1977, und Depkat, Amerikabilder 1998, nach.
- ^ Arendt, Revolution 2000, S. 69.
- ^ Zur Kritik an Arendts Prämissen vgl. Habermas, Geschichte 1981. Zur Lektüre von Arendt hat mich Teresa Orozco vor einigen Jahren angeregt, der ich dafür danke. (Vgl. auch Orozco, Renaissance des Unpolitischen 1999.)
- ^ Rinke, Amerika 2008, S. 97.
- ^ Vgl. Raynaud, Amerikanische Revolution 1996, S. 961ff.
- ^ Tocqueville, Demokratie 1984, S. 16.
- ^ Vgl. Wolin, Tocqueville 2001, S. 3.
- ^ Regelmäßig freilich werden ihm eine eher schmale empirische Basis und die Ausblendung elementarer Gegebenheiten (Dampfschifffahrt, Eisenbahn etc.) vorgeworfen, vgl. Ritter, Tocqueville 2004.
- ^ Wellenreuther, USA 1993, S. 39.
- ^ Wellenreuther, USA 1993, S. 35f. Optimistischer in der Einschätzung der Amerika-Rezeption im Vormärz und in der Revolution von 1848/1849 ist die ältere Arbeit von Franz, Amerikabild 1958.
- ^ Einen nach wie vor unverzichtbaren Überblick über die Amerika-Rezeption im vormärzlichen Deutschland bietet Meyer, Nord-Amerika 1929. Vgl. auch die große Quellensammlung von Fraenkel, Amerika 1959.
- ^ Kamphausen, Erfindung 2002, S. 22.
- ^ Vgl. zur Nervosität als "Kulturzustand" im wilhelminischen Kaiserreich Radkau, Zeitalter 1998.
- ^ Offe, Selbstbetrachtung 2004, S. 74.
- ^ Zit. nach Mommsen, Amerika 1982, S. 76. Zu Weber in Amerika vgl. auch Radkau, Weber 2005, S. 375–379.
- ^ Kamphausen, Erfindung 2002, S. 197
- ^ Zur Spiegelung europäischer Befindlichkeiten und Defizite im Amerika-Bild vgl. auch Schmidt, Reisen 1997.
- ^ Bryce, Commonwealth 1910, S. 3.
- ^ Bryce, Commonwealth 1910, S. 1.
- ^ Bryce, Commonwealth 1910, S. 9.
- ^ Vgl. Klautke, Möglichkeiten 2003, S. 7.
- ^ Zit. nach Iriye, Globalization 2007, S. 32.
- ^ Vgl. Lüdtke, Einleitung 1996, S. 9, sowie Herrmann, American 1996.
- ^ Vgl. Kaelble, Europa 2001, S. 128–183. Konvergenzen und Divergenzen im Vergleich der europäischen Gesellschaften mit den USA behandelt Kaelble, Weg 1987.
- ^ Gramsci, Gefängnishefte 1999, S. 2065.
- ^ Gramsci, Gefängnishefte 1999.
- ^ Vgl. Moore, Promised Land 1970, S. 9.
- ^ Gramsci, Gefängnishefte 1999, S. 2098.
- ^ Tanner, Art. "Amerikanismus" 1994, Sp. 193.
- ^ Doering-Manteuffel, Amerikanisierung 1999, S. 28. Vgl. auch Maier, Taylorismus 1985.
- ^ Rosenhaft, Kinosucht 1996. Vgl. allgemein auch die Beiträge in Becker, Mythos 2006.
- ^ Schröter, Winners 2008, S. 85.
- ^ Gassert, Amerikanisierung 2000, S. 785.
- ^ Gassert, Amerikanisierung 2000, S. 787.
- ^ Doering-Manteuffel, Amerikanisierung 1999, S. 28, 36.
- ^ Ertmann, Entwicklung 1999.
- ^ Zur Vorbildhaftigkeit der USA für die Debatten um die "Vereinigten Staaten von Europa" vgl. Schmale, Geschichte 2008, S. 135.
- ^ Vgl. Doering-Manteuffel, Amerikanisierung 1999, S. 71–126 ("Westernisierung als Gesellschaftsreform").